| Ausbildung, Die | ||
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Aktuelle Presse: Kurzkritik Ausgebildet an einem Büroarbeitsplatz in einer Dienstleistungsfirma, wartet ein junger Mann auf einen Anstellungsvertrag. Ohne seine inneren Regungen sichtbar zu machen, beobachtet er, was um ihn herum vorgeht: anonyme Leitungsentscheidungen, der ständig zunehmende Arbeitsdruck, die Überlastung einzelner Kollegen, die schleichende Ausschaltung des Betriebsrats. Der Film macht in lakonischen Bildern die Eiseskälte der "schönen neuen Arbeitswelt" und das zunehmende Ausgeliefertsein des Individuums an moderne Technik transparent. Moralische Fragen, die in einem kafkaesk anmutenden Universum um Vertrauen und Verrat kreisen, werden nicht abschließend beantwortet, sondern an den Zuschauer delegiert. - Sehenswert ab 14. Text zuletzt geändert am 04-04-2012 Die Ausbildung Jan ist Auszubildender im Kundenzentrum einer Dienstleistungsfirma: ein schweigsamer junger Mann, der seine Gedanken und Gefühle nur selten nach außen sichtbar werden lässt. Er hofft auf einen Anstellungsvertrag, aber niemand will sich festlegen. Beim Personalgespräch, mit dem der Film beginnt, fragt ihn ein Vorgesetzter nach seinen Stärken und Entwicklungsfeldern; die Rede ist auch von „Performance-Indikatoren“: Worthülsen der schönen neuen Arbeitswelt. Letztlich aber ist es egal, wie Jan sich selbst bewertet: Die Entscheidungsgewalt über seine berufliche Zukunft liegt sowieso bei einer fernen Zentrale, deren Strategien keiner durchschauen, geschweige denn beeinflussen kann. Mit seinem Debütfilm gelingt Dirk Lütter das präzise Porträt moderner Arbeits- und Lebensumstände der so genannten Mittelschicht. Jans Firma: ein steriles Büro; die Angestellten gleichsam an ihre Laptops gefesselt, zu Sprachrobotern degradiert. Von einer anonymen Macht wird der Befehl zu höherer Effizienz nach unten durchgereicht; wer Schwächen zeigt oder aufbegehrt, gerät aufs Abstellgleis. Jan erlebt das mit Susanne, seinem „Coach“: Wenn sie in einer der ersten Szenen, mitten in einem Dienstgespräch, plötzlich niest, also eine unkontrollierbare menschliche Regung zeigt, dann ist das schon das erste filmische Signal dafür, dass ihr Gefahr droht. Auch Jans Mutter, die sich im Betriebsrat engagiert, bekommt den Gegendruck zu spüren, der schließlich bis zum physischen Zusammenbruch führt. Lütter hätte das alles zu einem gefühlsmäßig aufgeladenen, moralisierenden Traktat aufbauschen können, entschloss sich aber zum genauen Gegenteil – und das macht die Stärke des Films aus: „Die Ausbildung“ reißt den Zuschauer nie in den Sog dramatischer Emotionen, sondern öffnet mit seiner an Harun Farockis Dokumentarfilmen geschulten, kühl-analytischen Distanziertheit die Augen für ein Universum, in dessen Gefangenschaft man zu geraten droht, wenn man es nicht erkennt, sich nicht zu wehren beginnt. Dabei sind es keineswegs nur jene menschenverachtenden Ausbeutungsstrukturen, die Lütter beschäftigen; ihn treibt auch das Ausgeliefertsein an die Technik um: Kommuniziert wird vorwiegend per Computer; am Eingang der Firma und in der Kantine braucht man Chipkarten; Fernsehgeräte flimmern; ein schwarzer Kasten auf dem Stubentisch zeigt Familienfotos am laufenden Band; mit unbewegtem Gesicht konsumiert Jan auch einen Pornofilm am Computer, um sich gleich danach, ebenfalls per Laptop, ein Handy zu kaufen. Seinen inneren, meist sehr gebändigten Zorn lässt er in nächtlichen Autorasereien aus, oder indem er neu gekaufte Kleidungsstücke mutwillig zerstört und zum Umtausch bringt: individualistische Auflehnungsversuche gegen die Welt, in der er sich einzurichten gezwungen sieht. Zwischen all diese Szenen blendet Lütter mehrfach einen gemischten Chor ein, dessen klassische Lieder das Gesehene unaufdringlich, fast wie in einem brechtschen Lehrstück kommentieren. Der Film verzichtet weitgehend auf Schwenks und Großaufnahmen; stattdessen bevorzugt der Regisseur feststehende halbnahe und halbtotale Einstellungen, die das Umfeld der Figuren mit einbeziehen. So wird Susannes Überforderung auch durch ihren unaufgeräumten Schreibtisch erzählt; und das großformatige abstrakte Gemälde im Zimmer des Abteilungsleiters entspricht der Kälte der blumenlosen, von persönlichen Gegenständen vollkommen befreiten Räume aus Glas und Beton. Seine spannendsten Momente hat der lakonische Film, wenn er Jans moralisches Dilemma zu umreißen sucht: Unterstützt er Susanne, indem er dem Abteilungsleiter von ihren gesundheitlichen Sorgen, vielleicht sogar von ihrem behinderten Sohn berichtet – oder denunziert er sie mit solchen privaten Informationen, die Susanne selbst eher für sich behält? Jan wird lernen müssen, dass zwischen gut gemeinter Hilfe und Verrat nur ein kleiner Schritt ist. Was solche Erfahrungen für seine Zukunft ausmachen, serviert der Film nicht auf dem Tablett eines wohlfeil abgerundeten Finales. Er lässt vielmehr alles offen: Heftige Skepsis und doch auch ein klein wenig Hoffnung. Ralf Schenk, Kritik aus film-dienst Nr. 7/2012 Kölner Stadtrevue – 01/12 Jan hat noch ein halbes Jahr im Betrieb vor sich. Läuft alles gut, klar, hier und da hakt es noch ein bisschen, sagt der Vorgesetzte (er muss ja sein Gehalt rechtfertigen). Aber im Prinzip macht Jan seine Sache schon ganz gut. Das heißt aber nicht, dass er deshalb auch nach seiner Ausbildung übernommen wird – die Firma arbeitet immer mehr mit Zeitarbeitern. Hire and fire, heißt die Devise. Jan wird in seinem letzen halben Jahr zeigen, dass er gelernt hat, sich in der schönen neuen Arbeitnehmerwelt zurechtzufinden. Endlich mal wieder ein Film über eine Bundesrepublik Deutschland, die man kennt. Ein Film, der etwas zu sagen hat über die Missstände, die dieser Tage als Norm akzeptiert werden, in einem Stil, der Realismus mit lehrstückhafter Stilisierung kongenial zu verbinden weiß. Kühl, klar, klassisch – klasse. (Olaf Möller) 13. Februar 2011 | DIE AUSBILDUNG • Kritik • festivalblog DIE AUSBILDUNG ist für Steffen Wagner "das perfekte Beispiel dafür, dass ein Film ungeheuer spannend sein kann und dabei trotzdem auf alles Spektakuläre und vordergründige Effekte verzichtet. Was passiert, wird hier nicht verraten, weil das ein Film ist, den man sehen muss. Es ist der herausragende Film der Perspektive Deutsches Kino 2011 und einer der besten Perspektive-Beiträge der vergangenen Jahre." 11. Februar 2011 | DIE AUSBILDUNG • Kritik • Berliner Zeitung Ralf Schenk stellt fest: "Jan, der Auszubildende, erlebt krassen Arbeitsdruck, Lohndumping, Verunsicherung, Erpressung, Bespitzelung, das erbarmungslose Ausgeliefertsein an scheinbar anonyme Mächte, ein Konzentrat an Ausbeutung, jenseits der Menschenwürde. Dirk Lütter hat sich für seinen Spielfilm sichtlich von den analytischen Dokumentationen Harun Farockis inspirieren lassen; sein souveräner Blick auf die Zerstörung sozialer Strukturen, das Ende der Solidargemeinschaft unter dem Druck der Rendite wirkt widerständig, zornig." Kultur in Bonn Magazin Kritik Kino - Michael Hermann Die Performance entscheidet Lehrjahre sind nicht nur keine Herrenjahre, sondern auch die erste Stufe zur berüchtigten „déformation professionnelle“. Das zeigt der Spielfilm „Die Ausbildung“ mit karger Ästhetik und kühlem Blick. In gewisser Weise stellt Dirk Lütters erster Langspielfilm Die Ausbildung ein Gegenstück zu Margin Call – Der große Crash dar. Beide Filme nehmen sich aus unterschiedlichen Perspektiven und auf unterschiedlichen Ebenen den zeitgenössischen (Krisen-)Kapitalismus vor. Während JC Chandors stargespicktes und dialogintensives Kammerspiel eine eindrucksvolle Lehrstunde über verantwortungslose Finanzjongleure in Wallstreet-Investmentfirmen liefert, zeigt Lütter – mit sehr sparsamem Dialogeinsatz – am Beispiel eines typischen mittelständischen Unternehmens in Deutschland, welche Auswirkungen der permanente Leistungs-, Kunden- und Zahlendruck auf die Akteure der Arbeitswelt hat, jene vielen kleinen Rädchen also, die die kapitale Maschinerie in Gang halten. Einer von ihnen ist der 20-jährige Jan Westheim (Joseph K. Bundschuh), Azubi im dritten Lehrjahr und an Telefon und Laptop im Kundenservice tätig. Dem Wunsch, das Aussiebungssystem Ausbildung mit seinen alles entscheidenden performance indicators zu überstehen und übernommen zu werden, passt der eher zurückhaltende Jan sein Verhalten an. Im Bemühen alles richtig zu machen und vermeintlichen Erwartungshaltungen zu entsprechen, lässt er sich für Dinge einspannen, deren Auswirkungen ihm erst nach und nach klar werden. Trau, schau, wem Als die junge Zeitarbeiterin Jenny Sikorski (Anke Retzlaff) eingestellt wird, ist das ein Lichtblick für Jan, dessen Alltag außerhalb des Büros von Zerstreuungen wie Internet, Shopping im Einkaufscenter und zu schnellem Autofahren geprägt ist. Zwischen beiden spinnt sich eine Liebesbeziehung an, deren Haltbarkeitsdatum allerdings von vornherein durch Jennys Status bestimmt zu sein scheint: „Ich bin Jenny Mustermann, mit einem Zeitarbeitsvertrag und einer 24-Stunden-Kündigungsfrist“ (einer der wenigen Dialogsätze mit einem Anflug von bildlich-literarischer Ausdrucksweise). Jans Mutter Marianne (Anja Beatrice Kaul) ist als Betriebsrätin in derselben Firma wie ihr Sohn tätig und spricht nach der Arbeit in einem Gewerkschaftsvortrag ganz offen die Dreiklassengesellschaft unter den Beschäftigten – Unbefristete, Befristete und Zeitarbeiter – an. Ungefähr entlang dieser Einstufung verläuft auch die Druckpyramide von oben nach unten. Inwieweit kann Jan da dem immer gleich freundlich auftretenden Personalchef Tobias Hoffmann (Stefan Rudolf) trauen, der ihn immer mal wieder fragt, wie es denn so laufe, und ob seine Teamleiterin Susanne Ostermeier (Dagmar Sachse) eventuell Hilfe benötige? Die Ergebnisse ihrer Abteilung sähen nämlich im Vergleich zu anderen im Betrieb nicht so toll aus. Das lässt sich heutzutage alles in Zahlen ausdrücken und vorrechnen, dafür vor allem gibt es ja performance indicators und benchmarking. Wenig Dialog, keine Gefühlsausbrüche Es dominieren lange, teilweise statische Einstellungen, in denen wenig gesprochen wird und scheinbar wenig passiert, wofür Regisseur Lütter allerdings in einem Interview eine entwaffnende Erklärung formuliert hat: „Dialoglastige Filme finde ich nicht so interessant, weil sie dem Zuschauer meistens keinen Raum zum Nachdenken lassen. Da wird der Zuschauer häufig mit Gefühlsbehauptungen oder Gefühlssimulationen bombardiert. Mir sind die Pausen zwischen den Sätzen wichtig. (…) In 99 Prozent der Filme haben die Zuschauer inmitten von Text, Musik, Bildern und Schnitt gar keine Zeit für eigene Gedanken. Das finde ich furchtbar. Es ist auch mal gut, wenn sich der Zuschauer zwischendurch langweilt. Dann geht das Denken los, bei mir zumindest ist das so. (lacht)“ Dementsprechend finden sich in Die Ausbildung keine großen Emotionen. Soweit vorhanden, werden sie eher mit (leeren) Blicken angedeutet, oder ohne Ton durch die Scheibe des Wohnzimmerfensters gefilmt, wo im Garten von Jans Elternhaus die offensichtlich unter großem Druck stehende Teamleiterin Susanne der Betriebsrätin Marianne gerade ihr Herz ausschüttet. Die Figuren wirken bisweilen wie Marionetten, doch steht dies ganz im Dienste des Konzepts und der Wirkabsicht: Selbstdisziplin am Arbeitsplatz ist alles, und irgendwann überträgt sich der Zwang zum kontrollierten Sprechen, zum (vermeintlichen) Erwartungen-entsprechen-Wollen, auch auf das Privatleben. Spätestens dann ist sie da, die berüchtigte „déformation professionnelle“. Der Film bedient sich in der Wahl seiner Stilmittel ausgiebig bei den ziemlich aus der Mode gekommenen Verfremdungseffekten. Dazu gehört auch ein Chor, der an drei Stellen die Handlung unterbricht und jeweils ein Lied vorträgt, das das Geschehen kommentiert, ohne dabei direkten Bezug auf Handlung und Figuren zu nehmen, wie es etwa bei Moritatengesängen häufig der Fall ist. Die konsequent durchgehaltene formale Stilisierung und karge Ästhetik ist sicherlich gewöhnungsbedürftig, macht aber nicht zuletzt den Reiz dieser interessanten filmischen Versuchsanordnung zur Arbeitswelt aus. Die Ausbildung - Regie: Dirk Lütter, mit: Joseph Konrad Bundschuh, Anke Retzlaff, Anja Beatrice Kaul u. a., Deutschland, 2010, 90 Min. FSK ab 12 Jahren, Kinostart: 12. Januar 2012. „Die Ausbildung“ läuft ab 12. Januar im Kino. Die NRW-Premiere in Anwesenheit des Regisseurs Dirk Lütter am Donnerstag, 12. Januar, um 20 Uhr in der Kölner Filmpalette ist laut Filmpalette-Homepage bereits ausverkauft. Eine Zusatzveranstaltung findet am gleichen Tag um 22 Uhr statt. Zwanghaft - Choices 01/12 „Die Ausbildung“ von Dirk Lütter Jan hat seine Ausbildung fast abgeschlossen und freut sich, übernommen zu werden. Als die junge Zeitarbeiterin Jenny in die Firma kommt und seine Mutter entlassen wird, kommen ihm jedoch Zweifel am System. Ein Jugenddrama – nicht über Revolte, sondern über das schleichende Gift der Anpassung: Mit seinen tristen Farben erinnert Lütters Kinodebüt an zwei ganz unterschiedliche Beobachtungen von Büroalltag. Lars von Triers „The Boss of it all“ und die Fernsehserie „Stromberg“. Deren Humor sucht man hier allerdings vergeblich: „Die Ausbildung“ ist visuell wie narrativ streng. Die Beobachtungen des Büroalltags und der Freizeitgestaltung der Jugendlichen sind genau, die Dramaturgie ebenso formell wie der Tagesablauf der Protagonisten. Mitunter ist der Film etwas didaktisch geraten, ein Brechtscher Chor, der die Kapitel unter- teilt, wirkt da regelrecht befreiend und greift vor auf eine Bewusstwerdung, die Jan am Ende des Films vielleicht vor sich hat. CHRISTIAN MEYER DIE AUSBILDUNG Berlinale 2011: Preis Dialogue en Perspective D 2011 - Drama - Regie: Dirk Lütter - Kamera: Henner Besuch - mit: Joseph Bundschuh, Anja Kaul, Anke Retzlaff - Verleih: Basis Start: 12.1. Filmpalette Pressezitate „Ein politisch wie ästhetisch relevanter Film.“ TIP Berlin „Hier muss man Täter sein um nicht Opfer zu werden, Stasi im Kleinen.“ SZ „Der souveräne Blick auf die Zerstörung sozialer Strukturen, das Ende der Solidargemeinschaft unter dem Druck der Rendite wirkt widerständig, zornig.“ BZ „Ein richtiger Edelstein ist das Spielfilm-Debut „Die Ausbildung. Erstklassig recherchiert: alle Wiedergänger des prekarisierten Arbeitsmarktes – Leih- und Zeitarbeit, befristete und Kettenverträge, fehlende Perspektive – sind hier gecastet worden. Dazwischen sucht Jan die Liebe. (Jungle World) „Auf Wunsch gibt Jan Beobachtungen über seine Vorgesetzte weiter, die dem Leistungsdruck nicht mehr gewachsen ist. Die Folgen sind für sein Fortkommen gut, für die Betroffene und auch für Jans Gewissen indes weniger. Jede Handbewegung, jedes Zucken der Mundwinkel stimmt, die Bildtiefe gibt Auskunft über die Lebensverhältnisse.“ FAZ „Jan wird ganz sorgfältig als Akteur in einem für ihn überkomplexen System herausgeschält: seine Karriereträume und Zukunftsängste machen ihn korrumpierbar, und die Eckpfeiler seiner Normalität – shopping, Autofahren und Intimrasur – helfen ihm nicht bei der Erkenntnis, dass Handlungen auch moralische Konsequenzen haben.“ taz Leser-Kommentare zur Filmkritik in "Die Zeit" wislawa 14.02.2011 um 13:26 Uhr 1. Naja, liest sich doch ganz realistisch! gabriela1953 14.02.2011 um 14:08 Uhr 2. Wunderbare Realität Genau so ist es in unserer beruflichen Welt. Noch nicht überall angekommen. Wird aber schon noch. Fängt bereits im Kindergarten an. Wir leben in einer äußerst spannenden Zeit. AFX 14.02.2011 um 14:18 Uhr 3. @ wislawa da stimme ich zu. leider. bob13 15.02.2011 um 12:10 Uhr 5. @ redakteurin frau groll... ...leider ist die realität für viele so geworden. grade das thema leiharbeit/kantine/doppelte preise. und natürlich versklaven headset und pc die menschen wie angekettet an ihren arbeitsplatz. und das schlimme: wehren sich die jungen menschen dagegen oder meinen sie, das wäre sogar richtig. Siebenpfeiffer 15.02.2011 um 16:37 Uhr 6. Leider schaut es so aus. Kann auch nur zustimmen. Sieht bei vielen so aus, die ich kenne. Ich bin zum Glück davon nicht betroffen. Mich erschreckt nur, welchen Abstand die ältere Generation zur jüngeren hat. Die Lebenswirklichkeit der jüngeren Generation wird meist gar nicht ernst genommen. Gleichzeitig lädt man dieser Generation viel auf. Schuldenbremse durchsetzen, Europa wirtschaftlich machen, unsere Alten pflegen, oben genannte Beschäftigungspraktiken. Das wird nicht gutgehen. Ich denke, dass man die Generationen vor uns in einigen Jahrzehnten sehr kritisch betrachten wird. stefanincello 16.02.2011 um 12:20 Uhr 7. Scheint doch ganz realistisch zu sein Ich verstehe nicht, wieso die Kritik negativ ausfällt für den Film. So wie sich die Beschreibung des Inhalts liest (ich hatte leider noch nicht Gelegenheit, den Film zu sehen) beschreibt der Film doch tatsächlich extrem gut, wie die heutige, moderne Arbeitswelt aussieht und wie man Karriere macht. Und die Trostlosigkeit und einfarbigkeit halte ich auch für durchaus angebracht, wenn man sich die heutzutage weitverbreiteten sogenannten "stilvollen" Bauten der heutigen Arbeitswelt vergegenwärtigt, in denen das eigene Gesicht innerhalb kurzer Zeit genauso aschgrau wird wie die langweiligen Steinplatten, die überall verwendet werden und das letzte bisschen Grün erfolgreich verdrängen. Scheint ein sehr gelungener Film zu sein. Wenn ich Gelegenheit habe, werde ich ihn mir ansehen... Weltfrieden777 18.02.2011 um 22:43 Uhr 8. Der Beschreibung nach muss das ein Film sein der die Welt so beschreibt wie Sie viele teenager empfinden. Oberflächlich und stereotyp. Filmkritik "DIE ZEIT" Ausbildung zum Ja-Sager In "Die Ausbildung" zeigt Dirk Lütter, wie ein junger Mann den Zwängen der modernen Arbeitswelt unterliegt. Ein grauer Film, der es leider mit der Symbolik übertreibt. Von Tina Groll | 14. Februar 2011 - 13:06 Uhr Wie kann etwas so glatt, so klar, so clean sein – und gleichzeitig so trostlos? Die Ausbildung von Dirk Lütter ist ein verfilmtes Bewerbungsbild. Der Film, der in der Perspektive Deutsches Kino auf der Berlinale läuft, erzählt von dem 20-jährigen Jan. Er ist im letzten Jahr seiner Ausbildung bei einem Unternehmen irgendwo im strukturschwachen Nirgendwo. Jan möchte übernommen werden , und er möchte alles richtig machen. Sei es beim Ausfüllen von Kundenbögen, bei denen er noch "Entwicklungschancen" habe, wie der Personalchef kritisch im Mitarbeitergespräch anmerkt. Oder beim Kundengespräch, wo er noch empathischer sein könnte. Überhaupt, dieser Personalchef! Tobias Hoffmann ist ein gelackter Mittdreißiger mit einem schicken neuen Mercedes, teuren Anzügen und ausdruckslosem Gesicht. Einer, der es geschafft hat und sich riesige Ölbilder akkurat an die Bürowand hängen kann und dafür von seinen Mitarbeitern bewundert wird. So möchte Jan auch gerne mal werden. Und wer weiß? Vielleicht, wenn er sich richtig anstrengt, wird er das ja auch. Denn Jan stellt nichts infrage, auch nicht, als Tobias ihm mitteilt, dass seine Übernahme gefährdet sei, weil seine Abteilung die Zahlen nicht erreicht. Er möchte gerne wissen, ob das an der Teamchefin liege, einem Mobbingopfer, wie es idealtypischer nicht sein könnte. Ist sie zu gutmütig, zu überfordert, vielleicht schon zu alt für den Job? Jan solle sich mal umhören, was da los sei. Vielleicht könne man dann gemeinsam mit der Dame eine saubere Lösung finden. Sauber. Sauber ist überhaupt alles in diesem Film. Im Büro herrscht Clean-Desk-Policy , es dominiert Stromberg -Optik, sehr viel graue Auslegware, ein bisschen Chrom und Glas und überall Grau-Blau. Grau-blaue Blusen, grau-blauer Asphalt und perfekt in grau-blaue Augen treffendes Licht, das die Konformität der Schauspieler voll zur Geltung bringt. Ansonsten übertreibt es Regisseur Lütter leider mit der Symbolik und lässt die Figur des Jan zu stereotyp erscheinen. So braust dieser als Ausgleich zur Arbeit mit seinem neuen Golf über die Landstraßen, bestellt neue Handys, zerreißt an neu gekauften Markentrainingsjacken den Reißverschluss (destruktives Verhalten!) und tauscht sie dann um. Er rasiert sich die Schamhaare oder schaut Pornos auf seinem Flachbildfernseher, aber traut sich nicht, dabei zu onanieren. Auch der Rest der Story ist zu plakativ, zu sehr gewollt. Da gerät Jans Mutter, die engagierte Betriebsrätin im gleichen Unternehmen, unter Druck, verliert ihren Job und läuft gegen eine Glastür. Dazwischen immer wieder Jan, völlig regungslos in allen möglichen Bürosituationen. Ausdruckslos und angepasst sitzt der junge Mann mal vor dem Laptop, verkabelt mit Headset wie ein Sklave in seinen Fesseln. Ausdruckslos und angepasst sitzt Jan in der Kantine und löffelt Tagessuppe. Ausdruckslos und angepasst sitzt er auch am elterlichen Abendbrottisch, an dem die Mutter über die vielen Leiharbeiter spricht, die seit den Umstrukturierungen im Unternehmen die Stammbelegschaft sukzessive ersetzen. Und dann kommt Jenny (natürlich aus Rostock) in Jans Abteilung. Sie ist eine dieser Leiharbeiterinnen , etwa im gleichen Altert wie Jan. Auch sie trägt sehr viel Grau und Blau, hat die Haare akkurat zurückgekämmt und sagt nur ein einziges Mal etwas, das sie zum Individuum werden lässt. "Ich bin niemand. Ich bin die Leiharbeiterin mit einer 24- Stunden-Kündigungsfrist." Und weil Jenny so arm und unterdrückt ist, muckt sie nicht auf. Sie zahlt doppelt so viel Geld für die Tagessuppe, weil sie nicht zur Stammbelegschaft gehört. Sie verdient deutlich weniger, arbeitet dafür deutlich mehr. Völlig klar, dass es kommen muss, wie es eben kommen muss. Jan und Jenny verlieben sich ineinander. Die zarte Liebesgeschichte erzählt Lütter in langatmigen und langweiligen Szenen. Jan und Jenny stehen vor Jans Golf auf dem Parkplatz der Dorfdisco. Jan und Jenny knutschen vor dem Kopierer. Jan und Jenny stümpern sich durch eine Dirty-Dancing -Szene und über einen Baumstamm an einem See. Jan schenkt Jenny einen Ring. Symbol für die Sehnsucht nach Stabilität und Sicherheit in einer kleinbürgerlichen Existenz. Meine Güte, ist das alles verkorkst, möchte man an dieser Stelle aufschreien. Vermutlich soll diese Unbeholfenheit den Anpassungsdruck an ein trostloses, fremdbestimmtes Leben verdeutlichen. Und dann führt Lütter noch die Figur des Jens ein. Er ist ein anderer Auszubildender, ebenfalls in blau-grauer Plastikkleidung, Jan ähnlich wie ein Zwilling, nur noch einen Tick perfekter, noch ein bisschen angepasster. Kein Wunder, dass irgendwann die Szene kommt, in der man Jens ebenso ausdruckslos und angepasst am Laptop sitzen sieht, Jans Arbeit verrichtend. Die Erkenntnis nach 85 trostlos-beklemmenden Minuten: Jeder ist austauschbar. Wirklich gelungen ist Lütter nur die optische Umsetzung. Der Film läuft so langweilig- steril, dermaßen ohne Ecken und Kanten einfach so durch, dass die Handlung zurücktritt. Am Ende bleibt nur die Inszenierung der allzu alltäglichen Bürowelt übrig – wie abgestandener, kalter Kaffee nach einem Meeting. Ach ja: Die Teamleiterin ist natürlich überfordert und zu alt, weswegen sie selbstverständlich sofort entlassen wird, nachdem Jan beim Personalchef Rapport erstattet hat. Jenny wird auch nicht übernommen, findet aber eine Stelle in ihrer Heimatstadt Rostock und zieht weg. Und Jan erhält zum Dank für seine Mühen einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag. In München. Der Personalchef ist stolz auf seinen Zögling und sagt: "Überleg es Dir halt." Dieser Rat gilt wohl auch für die Frage, ob man sich den Film anschauen sollte. COPYRIGHT: ZEIT ONLINE ADRESSE: http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-02/berlinale-film-ausbildung |