| Meine Mütter | ||
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Pressekontakt: info@karin-kleibel.de info@media-office-presse.com ,,Meine Mütter - Spurensuche in Riga'' Rosa von Praunheim hat sich bei seiner Suche selbst gefilmt und mit "Meiner Mütter" eine Dokumentation daraus gemacht, die sich auf das wesentliche beschränkt und sehr persönlich gehalten ist. Gerade deshalb packt sie - und liefert darüber hinaus einen faszinierenden Beitrag zur deutschen Geschichte. Die Welt, 06.03.2008 Ein erstaunlicher Dokumentarfilm. FAZ, 29.02.2008 Eine spannungsgeladene familiäre Spurensuche pendelt galant und unaufdringlich, höchst persönlich, aber durchaus mit weitgreifender Relevanz zwischen strenger Selbstreflektion und großer Zeitgeschichte. Sächsische Zeitung, 28.02.2008 Unfreiwillig und desto wirksamer löst von Praunheim in seinem zutiefst menschlichen Dokumentarfilm die dunkle deutsche Vergangenheit für kurze, erschütternde Momente aus ihrer Museal-akademischen Erstarrung. filmdienst 06/2008 Eine sehr persönliche, ganz uneitle Spurensuche, die Trotz aller Tragik nicht nur berührt sondern ausgezeichnet unterhält. Sax, März 2008 Auf dem diesjährigen Filmfestival in Hof ist "meine Mütter - Spurensuche in Riga" als einer der Höhepunkte des Festivals gefeiert worden. Es ist ein zärtlicher Film geworden und ein zögerlicher, einer, der aus Zweifeln und Zurückhaltung geboren wurde - und im Verlauf der Recherche eine unglaubliche, fast unheimliche Spannung entwickelt. Ganz sicher aber gibt es jenen Punkt, an dem die ganz private, ganz persönliche Geschichte zum Spiegelbild der großen Weltgeschichte wird. So gesehen ist Rosa von Praunheims Film ein seltener Glücksfall. Es ist sein bester Film seit langem. Und auch sein traurigster. Tagesspiegel Berlin, 25.11.2007, Christina Tilmann Ein Ereignis ist (...) Praunheims siebzigster Film ,,Meine Mütter", die bewegende Dokumentation der verschlungenen Suche nach seiner leiblichen Mutter, Detektivarbeit und Geschichtsstunde in einem. (...) und daraus wird dann auch ein spannender Abstieg ins dunkle Herz der deutschen Geschichte. FAZ, 30.10.2007, Michael Althen Rosa von Praunheim (...) überraschte durch seine "Spurensuche in Riga" (...). "Meinen Mütter" (...) ist eine ebenso gelungene wie anrührende Recherche nach der Mutter. (...) Ein bewegendes zeithistorisches Dokument. Titel Magazin, 30.10.2007, Wolfram Schütte Sein letzter Film, "Meine Mütter", die Suche nach den Spuren der eigenen Herkunft, gilt vielen als der Beste seiner Karriere. Berliner Morgenpost, 25.11.2007 Peter Claus Geboren im Zentralgefängnis Rosa von Praunheims erstaunlicher Dokumentarfilm „Meine Mütter – Spurensuche in Riga“ Rosa von Praunheim hat zwei Mütter. Das weiß er seit dem Jahr 2000. Da war er achtundfünfzig und die Frau, die er bis dahin für seine einzige Mutter hielt, vierundneunzig. „Ich will nicht mit einer Lüge sterben“, hatte sie gesagt und ihm erzählt, dass sie ihn einst während der deutschen Besatzung in einem deutschen Kinderheim in Riga gefunden hätte. Mehr sagte sie nicht. Nachdem sie 2003 gestorben war, machte sich Praunheim auf die Suche nach seiner Herkunft. Er fand ein Stück deutscher Geschichte. Sein Film „Meine Mütter" erzählt die Geschichte seiner Recherche. Er beginnt wie ein Homemovie mit einer riesigen Geburtstagstorte für Gertrud Mischwitzky, Praunheims Adoptivmutter, wie er da schon weiß - riesig ist die Torte, weil auf ihr mehr als neunzig Kerzen brennen. Es folgen Aufnahmen von Mutter und Sohn, wie sie alle Fotoalben durchgehen, schwarzweiße Bilder vom kleinen Holger, wie Rosa damals noch hieß, im Strickpullover im Garten, Hochzeitsfotos der Eltern, eine Gelegenheit, zu der der Vater seine SA-Uniform trug, weil er keinen schwarzen Anzug hatte, wie sich später die Tante erinnert. Die Mutter sagt: „Er war in der Marine-SA." Dass die Mutter über einem Schachspiel stirbt, erfahren wir im Gespräch mit der Frau, die sie zuletzt betreut hatte. Und erst nach ihrem Tod macht sich Praunheim auf, seine wahre Geschichte zu suchen. Die entscheidenden, emotional wuchtigsten Sätze - „Du bist nicht mein Kind“, später dann: „Du bist meine einzige Mutter“ – setzt Praunheim in Untertitel. Er weiß sehr genau, wie groß die Gefahr ist, zu privat zu werden, und er kennt die Mittel, uns auf Distanz zu halten, so weit jedenfalls, dass wir diesen Film anschauen können, ohne das Gefühl zu haben, wir steckten unsere Nase in Dinge, die uns nichts angehen. Denn natürlich geht es erst einmal umeine ganz private Sache, aus der aber so, wie Praunheim sie filmisch fasst, eine deutsche Geschichte wird. Im Villenviertel Kaiserwald in Riga, wo seine Adoptiveltern wohnten, findet er nicht nur das Haus, in dessen Garten er spielte. Er findet auch eine Zeitzeugin, die sich an das Konzentrationslager erinnert, das in der Nähe stand, eines der schrecklichsten Lettland. Und er stellt sich die Frage: War seine Mutter vielleicht Jüdin? Die Nachforschungen ergeben keinen Hinweis darauf, schließlich wurden siebenundneunzig Prozent der lettischen Juden ermordet.Es findet sich die Geburtsurkunde, und Praunheim erfährt, dass er im Zentralgefängnis von Riga zur Welt kam. Doch warum war seine Mutter dort? War sie vielleicht ein „Blitzmädchen“, eine lettische Freizeithure? Das ist ein Wort, das die Historikerin und Publizistin Anita Kugler ins Gespräch bringt, die Praunheim bei der Recherche unterstützt. Seine leibliche Mutter starb, auch das erfährt er im Lauf der Zeit, in einer Nervenheilanstalt - war die amtlich festgestellte Todesursache eine Verschleierung für Euthanasie?Diese Fragen klären sich nicht, so wenig wie die, wer eigentlich sein Vater war. Aber Praunheim findet eine Tante, einen Vetter. Und so, wie er uns in Riga in die Geschichte führte, so führt er uns nun in eine heutige Parallelwelt, die der Heimatvereine. Beim Pyrizer Heimattreffen rezitiert seine uralte Tante für ihn das Gedicht „Kein Urteil kann mich fällen“. Es werden Lieder von Pommern gesungen, und Praunheim ist mittendrin mit seinem Team, in einer Art Familienzusammenführung am merkwürdigsten Ort, den man sich für den Mann, der einst die westdeutsche Gesellschaft mit seinem Film „Die Bettwurst“ verschreckte, dafür vorstellen kann. Vom Selbstdarsteller Praunheim, der er aus meist gutem Grund immer war, fehlt in „Meine Mütter“ jede Spur. Vielleicht ist der Film deshalb sein persönlichster. VERENA LUEKEN FAZ, 29.02.2008 Meine Mütter – Spurensuche in Riga Wer mit Rosa von Praunheim experimentelles, schwules Nischenkino verbindet, mal abgedreht, mal kitschig, künstlerisch innovativ, provokant oder auch nur hingeschludert, der wird bei seiner Dokumentation „Meine Mütter“ eine „ordentliche“ Überraschung erleben. So geordnet präsentiert sich der Film, als habe einmal nicht der schrille Plüschrevoluzzer Regie geführt, sondern sein bürgerliches Alter Ego Holger Mischwitzky. Mit Superlativen sollte man bei einem Œuvre, das über 60 Filme umfasst, zurückhaltend umgehen, aber „Meine Mütter“ zählt handwerklich sicherlich zu den saubersten und konventionellsten Filmen von Praunheims, inhaltlich zu den persönlichsten. Der Dokumentarfilm erzählt von der Suche nach Rosa von Praunheims leiblichen Eltern. Vor acht Jahren gestand ihm seine damals 94-jährige und inzwischen verstorbene Mutter Gertrud Mischwitzky, dass er nicht ihr leiblicher Sohn sei, sondern während der deutschen Besatzung in Riga aus einem Kinderheim adoptiert wurde. Mehr als diese knappe und (wie sich später herausstellen sollte) falsche Auskunft konnte der Regisseur seiner Adoptivmutter nicht entlocken. Erst nach ihrem Tod 2003 machte sich von Praunheim auf die nahezu aussichtslos scheinende Suche nach seinen Wurzeln. Schritt für Schritt begleitet „Meine Mütter“ den Regisseur und sein Team bei ihrer akribischen Recherchearbeit in Archive, zu Zeitzeugen und Geschichtswissenschaftlern. Die Familiengenealogie entwickelt sich dabei zu einer spannenden Detektivgeschichte, die zunehmend eine erschütternde historische Dimension entfaltet. Faszinierend ist zunächst, wie der Filmemacher mit nichts weiter als diesem einen Satz seiner Mutter nach Riga aufbricht – ohne den Namen seiner leiblichen Mutter zu kennen – und doch nach und nach das Puzzle seiner Herkunft zu einem anschaulichen, wenn auch nicht vollständigen Bild zusammensetzt. Den entscheidenden Hinweis findet von Praunheims Mitarbeiterin Agnese Luse im Staatlichen Historischen Archiv Lettlands. Bei der Durchsicht von „so ziemlich allem“, was „irgendwie mit Kindern“ zu der damaligen Zeit zu tun hat, stößt sie auf einen Antrag von Gertrud Mischwitzky auf „vier gebrauchte große Flanellwindeln und zwei Bettlaken zur Herstellung von Windeln“; benötigt für das 14 Monate alte Findelkind Holger Radke. Ausgehend von diesem Namen lässt sich schließlich rekonstruieren, wer von Praunheims leibliche Mutter war. Edith Radke brachte ihn am 25.11.1942 in einem Gefängnis auf die Welt. Weshalb sie verhaftet wurde, bleibt ungeklärt. Fest steht, sie starb wenige Jahre später in einer psychiatrischen Klinik in Berlin-Wittenau, wo sie einer qualvollen Elektroschockbehandlung unterzogen wurde und vermutlich verhungerte. Neben dieser traurigen, ergreifenden persönlichen Lebensgeschichte, die „Meine Mütter“ aufscheinen lässt, vermittelt der Film einen erschreckenden Einblick in die Gräueltaten des NS-Regimes. Verstörend ist die individuelle und intentionslose Perspektive, aus der heraus dies geschieht. Gerade weil es von Praunheim ursprünglich gar nicht darum ging, ein Zeitdokument zu erstellen, weil er ausgehend von seiner persönlichen Familiengeschichte eher beiläufig, zwangsläufig mit der Euthanasie psychisch Kranker und den Massakern an den lettischen Juden konfrontiert wird, holt er den Holocaust aus den Geschichtsbüchern zurück in die alltägliche Lebenswirklichkeit – möglicherweise handelt es sich bei seinem Vater um den berüchtigten SS-Polizeikommandeur von Riga. Unfreiwillig und desto wirksamer löst von Praunheim in seinem zutiefst menschlichen Dokumentarfilm die dunkle deutsche Vergangenheit für kurze, erschütternde Momente aus ihrer museal-akademischen Erstarrung. Dass der offensichtlich fürs Fernsehen kadrierte Film formal nur bedingt fürs Kino taugt, lässt sich da leicht verschmerzen. Stefan Volk filmdienst 06/2008 Peter Stephan Jungk war im Kino mit:: Peter Stephan Jungk war im Kino mit: Wieland Schulz-Keil Wie geht man damit um: Man hat die Sechzig hinter sich und erfährt von seiner vermeintlichen, vielgeliebten Mutter kurz vor ihrem Tod: Du bist nicht mein Kind, ich habe dich 1942 in Riga adoptiert. Wie geht man damit um, wenn man realisiert, Sohn einer Gefängnisinsassin zu sein, die bereits wenige Jahre später in einer Berliner Irrenanstalt elend ums Leben kam. Heißt man Holger Mischwitzky alias Rosa von Praunheim, dreht man über diese unerträglich traurige Geschichte eine packende Dokumentation: "Meine Mütter". Der Film läuft dieser Tage in viel zu wenigen deutschen Kinos an. "Ich kenne Rosa seit seinen Anfängen in den Sechzigern und bewundere vieles an ihm", eröffnet Wieland Schulz-Keil das Gespräch in der Brasserie an der Pariser Gare de Lyon. Der deutsche Filmproduzent ist in aller Welt tätig, das Jahr 2007 verbrachte er hauptsächlich in China, wo der Spielfilm "Die Kinder von Huang Shi" in der Regie von Roger Spottiswoode entstand. "Über die Jahre habe ich gemerkt, dass von Praunheim ein sehr guter Lehrer ist", fährt Schulz-Keil fort, versucht sich mit tiefer Stimme gegen Besteckgeklapper und Stimmengewirr an den Nebentischen durchzusetzen. "Er war lange Professor an der Filmhochschule Babelsberg. Aus vielen seiner Studenten ist etwas geworden. Denken Sie nur an den hochtalentierten Regisseur Chris Kraus. Man lernt bei Rosa: Die Arbeit wirklich ernst zu nehmen." "Konnte 'Meine Mütter' Sie denn überzeugen?" - "Und wie. Was mir so ganz außergewöhnlich gut daran gefällt: Dass der Film fern ist von jeder Hysterie und jedem Versuch, Kapital aus einem Konflikt zu schlagen, der seit dem 18. Jahrhundert in unendlich vielen Romanen abgehandelt wurde: Der uralte Mythos des Findelkindes, das herausfindet, wer seine wahren Eltern sind. Rosa von Praunheim verbietet sich jede Form der falschen Dramatisierung. Obwohl hier eine potenziell hochdramatische Situation die nächste jagt." Genau das habe mich ein wenig gestört, werfe ich ein, auch wenn der Film insgesamt durchaus bewegend sei: Die betont kühle Art, in der von Praunheim die Entdeckung der Wahrheit in Bezug auf seine leibliche Mutter präsentiert. "Die Szene, in der wir erfahren, wer Rosas Mutter tatsächlich war - und dass er im Knast zur Welt kam - wird vollkommen unspektakulär erzählt. Da fehlte es mir einfach an Emotionen. Das fand ich doch sehr schade." - "Da stimme ich Ihnen überhaupt nicht zu. Sowohl die undramatische Montage, als auch die ganz und gar zurückhaltende Kameraführung von Elfi Mikesch, die ich persönlich sehr schätze, haben mich bestochen. In dem Maße, in dem das persönliche Drama in den Hintergrund geschoben wird, kommt das historische Drama zum Vorschein. Gute Dokumentarfilme werden von den Autoren ja nicht 'gemacht', sondern sie widerfahren ihnen. Von Praunheim recherchiert sein eigenes Schicksal und erfährt dabei Dinge, die er nicht unbedingt wissen wollte. Unter dem Teppich kommen Schrecklichkeiten zum Vorschein. Die vielleicht noch viel wichtiger sind als das rein Persönliche." "Er vermutet am Schluss, sein Vater könnte eventuell ein besonders gefürchteter Nazischerge gewesen sein. Damit legitimiert er rückwirkend sehr geschickt die Hervorhebung der Gräueltaten gegen die jüdische Bevölkerung Lettlands." - "Die Emotion, die Sie sich wünschen", fährt Wieland Schulz-Keil fort, "hätte übrigens keine zusätzlichen Erkenntnisse mit sich gebracht. Weil von Praunheim die erstaunlichsten Entdeckungen allesamt entdramatisiert, wie etwa auch das Auffinden seiner Geburtsurkunde, oder die Information, seine Mutter sei in einer Berliner Nervenheilanstalt 1946 an einer Überdosis Elektroschocks umgekommen, entsteht eben die Einsicht, dass jeder zu einem Opfer der Tragödie des Fortgangs der Geschichte wird. Denken Sie nur an die Szene, in der Rosa während des Treffens der Heimatvertriebenen seine leibliche Tante kennenlernt, die Schwester seiner Mutter." "Ein absolut gespenstischer Moment. Aber auch hier passiert etwas Unbegreifliches: Endlich trifft er diese Tante, auf die man im Film seit einer halben Stunde wartet. Sitzt neben ihr, spricht mit ihr über Riga, über die Vergangenheit. Und verabsäumt es, die Tante zu fragen: Warum war denn meine Mutter im Gefängnis?" - "Sie gehen an diesen Film mit den falschen Erwartung heran. Dass er einem dramatischen Muster entsprechen müsse, an das Sie gewöhnt sind. Wo es am Ende einen 'Payoff' gibt", reagiert Schulz-Keil etwas ungehalten. "Dabei bietet 'Meine Mütter' weit mehr. Es geht um etwas Anderes: Rosa von Praunheim macht sich zum Beispiel eines Menschen, dessen Leben durch geschichtliche Abläufe tragischster Natur geprägt wurde, ohne dass er dafür die Verantwortung übernehmen kann. Es bleibt ihm nichts Anderes übrig, als sein Schicksal mehr oder weniger gelassen zu akzeptieren. Was Sie von dem Film erwarten, ist weniger interessant als das, was der Film liefert." "Kann man Zuschauer ins Kino locken, wenn man bewusst gegen die Erwartungen des Publikums arbeitet?" - "Ich hoffe, der Film findet sein Publikum! Ich hoffe, es gibt mehr Leute wie mich als wie Sie! Ein absolut spannender Film, der es geschafft hat, sogar einen so zappeligen Zuschauer wie mich bei der Stange zu halten." Versöhnlichere Töne werden erst zum Abschied angeschlagen, als ich Wieland Schulz-Keil zum Flughafenbus begleite. Gefragt nach der Zusammenarbeit mit John Huston, dessen zwei Spätwerke "Under the Volcano" und "The Dead" er produziert hat, gerät er ins Schwärmen: "Die Arbeitsbeziehung war völlig konfliktfrei. Als ich Huston begegnete, hatte er schon ungefähr 45 Filme gemacht. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie wenig er an noch größeren Schlachtszenen oder noch ausgefalleneren special effects interessiert war. Das war eine außerordentlich erfreuliche, interessante und angenehme Zusammenarbeit. Bei 'The Dead' war er nicht mehr versicherbar, er litt an Emphysema, musste konstant Sauerstoff zugeführt bekommen. Aber alles ging gut. Es ist so ungemein angenehm, mit jemandem zu arbeiten, der seine Sache wirklich kann. Huston war so unendlich gelassen!" Die Welt, 01.03.2008 Vor sieben Jahren hat Rosa von Praunheim erfahren, dass er adoptiert wurde. In seinem spannenden Dokumentarfilm "Meine Mütter" begibt er sich auf Spurensuche nach Riga, wo er 1942 im Gefängnis geboren wurde tip: Herr von Praunheim, um Silvester 1999 hat Ihnen Ihre damals 93-jährige Mutter die Eröffnung gemacht, dass Sie ein adoptiertes Kind sind. Rosa von Praunheim: Sie sagte, sie wolle mit keiner Lüge sterben. Sie saß weinend an ihrem Tisch, hinten in ihrem Zimmer, hier in der Wohnung, 2003 ist sie gestorben. Als ich sie nun so antraf, und sie sagte, sie wolle sich das Leben nehmen, war das erst mal sehr erschütternd für mich. Sie wolle mir sagen, dass ich nicht ihr Sohn sei, dass sie mich nicht geboren hatte. Dass sie mich in einem deutschen Kinderheim gefunden habe. Was nicht stimmte. Wir haben danach gesucht und keines gefunden. tip: Das sind nur fünf dürre Sätze. Haben Sie weiterinsistiert? Praunheim: Zuerst bin ich zu meinem Freund gerast und war begeistert und dachte: Toll. Das ist ja was ganz Besonderes. tip: Waren Sie nicht schockiert? Praunheim: Nein, das hat vielleicht meine Mutter jahrelang befürchtet. Aber es war im Gegenteil eine Freude am Exotischen, am Besonderen. Und Dankbarkeit, dass sie mich gerettet hat. tip: Sie machen den Eindruck, als hätten Sie eine sehr hohe Zufriedenheit erreicht. Ist das der Grund dafür, dass Sie alles, was auf Ihrem Lebensweg passiert ist, umarmen und akzeptieren? Es ist ja eine Sache, dass Ihre Mutter Sie adoptiert und gerettet hat, eine andere ist es, darüber jahrzehntelang nicht zu sprechen. Praunheim: Das war vor allem erstaunlich, weil die ganze Umgebung es wusste. Meine Jugendfreunde wussten es alle. Alle wussten das. Die haben alle dichtgehalten. tip: Das haben Sie bewundert? Praunheim: Ich habe meine Mutter bewundert, dass sie doch den Mut hatte, es mir zu sagen, vor dem Tod. Das muss ihr sehr schwergefallen sein, weil sie dachte, dass sie vielleicht meine Liebe verliert. Oder ich das strafend sehen würde, dass sie so lange gewartet hat. Ich habe danach gefragt. Aber sie wollte nichts sagen, und ich wollte sie nicht quälen. Wenn ich es erst nach ihrem Tod erfahren hätte, wäre das ein komisches Gefühl gewesen. tip: Auch in Ihrem Film gehen Sie nicht auf das Konfliktpotenzial ein, dass in dieser Eröffnung liegt. Er beginnt gewissermaßen als Liebeserklärung an Ihre Adoptivmutter, fast als ob Sie sich dafür entschuldigen wollten, dass Sie sich nun so intensiv der Suche nach Ihrer leiblichen Mutter widmen. Praunheim: Das war auch so. (lächelt) Wir haben am Schluss des Films noch einmal mit einem italienischen Medium gedreht, der mit Toten spricht. Und der hat meine Mutter hier im Wohnzimmer materialisiert, hier im Wohnzimmer. Und da war genau diese Geschichte, dass die Adoptivmutter eifersüchtig ist auf die leibliche Mutter, die jetzt so in den Vordergrund gestellt wird. Das haben wir dann aber weggelassen, weil es natürlich unseriös ist. tip: Das ist doch eigentlich eine Veranschaulichung Ihres inneren Konfliktes. Praunheim: Ich wollte, nachdem sie es mir gesagt hatte, auch lange nicht recherchieren, weil ich meine Mutter so sehr liebe und so dankbar bin, dass ich das als Verrat gesehen habe. Dann kam ein lettischer Journalist, der mich interviewt hat, und ich kriegte plötzlich Interesse an meiner Geburtsstadt. Aber ich hätte nie gedacht, dass ich so weit komme. tip: Es ist eine doppelte, sehr spannende Suche geworden: nach Ihrer Mutter und nach Ihrem möglichen Vater, den Sie irgendwann schaudernd als SS-Polizeikommandanten von Riga imaginieren. Praunheim: Kein Schauder, ich finde diesen Mann einfach nur widerlich. Ich meine, es ist nicht so sehr meine Geschichte, die mich berührt. Das ist eigentlich erstaunlich. Ich habe da eigentlich nichts empfunden, ich bin da distanziert wie ein Journalist herangegangen. Mit diesem Baby kann ich mich nicht identifizieren. Auch bei der Mutter ist das so. Es hätte ja auch alles andere sein können: reich, arm, dick, dünn, hässlich, schön. Alles was es gibt, es ist ja eigentlich nicht mehr zu rekonstruieren. tip: Ihre Mutter arbeitete in einer Dienststelle, die gewissermaßen die Zivilverwaltung des Holocaust in Riga ist, sie kommt ins Gefängnis, sie wird psychisch krank, sie ist vielleicht den SS-Kriegsverbrechern nahe und stirbt als Opfer in einem Ausläufer des NS-Euthanasiesystems. Alles in einer Figur. Zugleich entdecken Sie Ihre zweite Familie, Vertriebene aus Pyritz, die Heimatlieder singen. Wenn man sich den aktivistischen, schwulen Rosa von Praunheim dazu vorstellt, dann ist das möglicherweise Ihr Schreckensbild gewesen. Praunheim: Die reaktionäre Seite dieser Vertriebenen ist natürlich schrecklich, dass man das wieder zurückhaben will, diese revanchistische Geschichten. Aber es gibt natürlich auch eine andere Seite, wie Anita Kugler von der "taz", die auf der linken Seite der Baltendeutschen war und versucht hat, mit Freunden die Vertriebenenverbände links zu verändern. Was ich gelernt habe durch meine Beschäftigung sozusagen mit meiner Heimat, mit meiner Geburtsstadt, ist, dass es natürlich ein Recht auf Heimat gibt. Wenn man sich vorstellt, dass Lettland jahrhundertelang unterdrückt war. Insofern ist es ja nicht nur reaktionär. tip: Die Erklärung Ihrer Mutter muss Ihren Blick auf Ihre Autobiografie verschoben haben. Auch Ihren Blick auf die Verhältnisse zu Mutter und Vater. Praunheim: Ich denke auch, dass ich so eine inzestuöse Geschichte zu meiner Mutter hatte. Das war eine sehr enge Bindung, ich liebe sie eben immer noch abgöttisch und vielleicht viel mehr jetzt, weil sie mich beschützt hat. Und das tut sie heute noch. Dass der Film so gelungen ist. Oder ich nun als jemand, der die Leute eigentlich immer nur provoziert und alles getan hat, um unsympathisch zu wirken, auch um etwas anzustoßen, jetzt so gut ankomme. Früher hat mir mein gutes Aussehen geholfen, da haben mir die Leute das verziehen. Aber dass ich nun als älterer, dicker Herr in einem Film sympathisch wirke und die Leute diese Verletzlichkeit berührt, das ist etwas, was ich gar nicht gewollt habe. Ich habe immer alles getan, um die Leute gegen mich aufzubringen. Meine Mutter sagte immer: Ich habe zwei Weltkriege überlebt. Und du bist der dritte. (lacht) tip: Haben Sie Kinder, Herr Praunheim? Praunheim: Nein. Weiß ich nicht. Keine Ahnung. Es wäre denkbar. Als ich 19 war, hatte ich zum ersten Mal Sex mit einer Frau und einem jungen Mann. Auf einer Party in Berlin, wo mich die Gastgeberin ins Schlafzimmer zog und sich auf mich draufsetzte, ich bin ganz schnell gekommen. Jedenfalls hörte ich, sie wäre neun Monate später hochschwanger gewesen. Sie war aber mit einem Industriellen liiert. Ich hatte mir lange eingebildet, wenn ich einen hübschen jungen Mann traf, dass das mein Sohn sein könnte. Inzwischen wäre der ja auch 46. Ich hatte Beziehungen zu Frauen in meiner Jugend. Aber die Wahrscheinlichkeit ist gering. Robert Weixlbaumer TIP Berlin, 06.03.2008 Meine Mütter - Spurensuche in Riga Rosa von Praunheim, aufgewachsen als Holger Mischwitzky in der Bundesrepublik, erfuhr im Jahr 2000 von seiner damals 94-jährigen Mutter, dass er nicht ihr leiblicher Sohn sei. Er war in Riga während der deutschen Besatzung aus einem Kinderheim adoptiert worden. Nach dem Tod seiner Adoptivmutter - aus Liebe zu ihr hatte er sich frühere Nachforschungen untersagt - begab sich der Filmemacher auf die Suche nach der eigenen Geschichte. Mit der Akribie eines investigativen Journalisten und der Hilfe von Profis stößt er dabei immer wieder auf Erstaunliches: Dass der exzentrische Filmemacher im Zentralgefängnis von Riga zur Welt kam - >>das erklärt Einiges<< - ist dabei nur der Beginn einer sehr persönlichen, ganz uneitlen Spurensuche, die trotz aller Tragik nicht nur berührt sondern ausgezeichnet unterhält ANGELA STUHRBERG Sax, März 2008 Spurensuche in Lettland Als ihm seine 94-jährige Mutter offenbarte, dass er in Wirklichkeit gar nicht ihr leiblicher Sohn sei, sondern sie ihn 1942 in einerm Kinderheim in Riga gefunden habe, war das für Regisseur Rosa von Praunheim die Initialzündung, um auf eine sehr persönliche Spurensuche zu gehen. Er reiste nach Lettland und stellte doch Nachforschung über seine Herkunft an. In seinem Film "Meine Mütter" hat er diese Suche nach den eigenen Wurzeln dokumentiert. Hamburger Abendblatt, 28.02.2008 Plötzlich Trauring In "Meine Mütter" dokumentiert Rosa von Praunheim eine spannungsgeladene familiäre Spurensuche Und plötzlich ist der selbsternannte Exzentriker Rosa von Praunheim nur noch traurig,bewegt, hat Tränen in den Augen. Der sonst nie um einen kühnen Lippenspruch verlegene, lustvoll-streitbare Regisseur und Schwulen-Aktivist wird still und erinnert sich. An jenen Moment, da seine Mutter mit 98 Jahren Starb. 2003 war das. Mitten in einer Partie Schach. Praunheim hatte die Mutter noch gefilmt, wo es viele Söhne und Töchter kaum schaffen, mit ihren betagten Eltern über das zu reden, was wirklich wichtig war für sie. Bevor alles zu spät ist. Hier hatte die Mutter ihrem Sohn die eigentliche Überraschung wenige Jahre zuvor eröffnet - ebenfalls mit Tränen in den Augen. Er sei nicht ihr leibliches Kind In einem Heim im lettischen Riga hätte sie ihn gefunden, adoptiert, nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland gebracht. Die Neugier des heute 65-Jährigen war geweckt, der Zwiespalt auch. Von Praunheim malte sich, wie er sagt, "exotische Dinge aus" und "ahnte Sensationen". Gleichsam beschlich ihn so etwas wie "Verrat". Was er nun filmisch vorlegt, pendelt galant und unaufdringlich, höchst persönlich, aber durchaus mit weit greifender Relevanz zwischen strenger Selbstreflektion und großer Zeitgeschichte. "Meine Mütter" zeigt, dass es durchaus Sinn machen kann, nach längst verschollen Geglaubtem zu suchen, dass man dafür aber nicht unbedingt bis zum vielleicht bitteren Ende gehen muss. Der Film gleicht zunächst dem Tagebuch einer Nachforschung. Besonders stark ist er, wenn sich, über das Praunheimsche Einzelschicksal hinausgehend, der Spiegel auch über die deutsche Besatzungszeit in Lettland senkt, über kaum ausgesprochenes Leid, über Vernetzung von Menschenleben, gekreuzte Linien, die sich zu oft im Nichts verlieren. Rosa von Praunheim bewahrt sich dabei etwas Ironie und Witz, verzichtet auf gesprochene Kommentare, was sehr angenehm ist, da er von Kamerafrau Elfi Mikesch natürlich offensiv in Szene gesetzt wird. Von Praunheim beschäftigte in Berlin und Riga zwei treue und akribische Helfer, er sondierte Archive, traf Zeugen, fand neuen Familienanschluss in Gestalt einer sehr alten Tante und eines bis dahin unbekannten Cousins. Er wäre zwischendurch sehr gern jüdischer Abstammung, dann zumindest der Sohn eines berühmten Fotografen, gelangt aber mehr und mehr zu einem ernüchternden wie ergreifenden Ergebnis. Dies zu verraten, hieße der Dokumentation viel jener Spannung zu nehmen, die sie mit jeder sich öffnenden Tür auf natürliche Weise aufbaut. Andreas Körner Sächsische Zeitung, 29.02.2008 |