| Schlaf der Vernunft, Der | ||
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Die Geschichte ist ganz einfach: Mann verläßt Frau zugunsten einer, die ihn nicht kritisiert. Heidemarie Strauch, Zitty, August 1984 Die Entwicklung ist faszinierend, denn sie leistet auf ihre Weise eine produktive Antwort auf den neudeutschen Zeitgeist der Wende. Es könnte ja in der Struktur unserer Träume eine neue Möglichkeit stecken, jenseits vom schlichten Gut und Böse, von ‘Links’ und ‘Rechts’ Einfluß auf die Gesellschaft zu gewinnen. Es könnte ja sein, daß wir mit Hilfe des Kinos, das zu träumen versucht, so etwas wie eine Ökologie der Sinne und der Erfahrungen zustande bringen. Michael Kötz, Dt. Allgemeines Sonntagsblatt, 04.03. 1984 Der Schlaf der Vernunft von Ula Stöckl (...) ist die subtile Standortbestimmung einer Frau (Ida di Benedetto), aller Frauen: der Kampf von Dea gleich Medea gleich Göttin gegen den Rest der Welt, ihren untreuen Mann, ihre nörgelnde italienische Mama, ihre halbwüchsigen Töchter, gegen mangelnde Solidarität und die ganze pharmazeutische Industrie. Wolf Donner, Tip Magazin, Juli 1984 Die Aussprache zwischen den beiden, seine zage Zärtlichkeit, sein Zurückweichen, seine Unsicherheit oder Bestimmtheit, ihr Sich-Aufbäumen, ihre stolze Kampfeslust, ihr erotisches Charisma, ihre plötzlich über sie herfallende, vernichtende Trauer, das ist wunderbar menschlich, glaubwürdig, mit hoher innerer Spannung inszeniert und gespielt. Karena Niehoff, Der Tagesspiegel, 22. 02. 1984 Ein mit viel Spannung inszeniertes exemplarisches Stück Geschlechterpsychologie. Hans Jürgen Weber, Film-Echo, 01. 03. 1984 Sie lernt (...) den vielfachen Tod ihrer Empfindungen, ihres Glaubens, ihrer Sicherheit, ihrer Lust und Liebe lebend überstehen, sie lernt um und kommt vielleicht ohne die Überlieferung aus, daß sich alles an ewigen Werten auszurichten habe. Christa Maerker, Film, Frankfurt, März 1984 Als Dea ihrem Mann, der neben ihr auf den weißen Laken liegt, die Kehle durchgeschnitten hat, ist nicht klar, ob das Wunsch oder Wirklichkeit ist. Caroline Fetscher, Der Spiegel, 7.5.1984 Die Darstellung subtiler Unterdrückungsmechanismen zwischen den drei miteinander kontrastierenden Frauengenerationen und die Gestaltung schillernder Widersprüchlichkeit im Verhalten der schönen Hauptfigur verleihen dem Film Offenheit und verschmelzen seine poetischen Schwarz-Weißbilder zu einer magisch hermetischen Kinowelt. Volker A. Nenzel, Hellweger Anzeiger, 29. 10. 1984 „Der Schlaf der Vernunft” macht es somit keinem leicht, den Männern nicht, denen der Film Anlaß genug sein sollte, das eigene Rollenverhalten zu überdenken, und den Frauen nicht, denen er keinen Anlaß bietet, sich nur als Unterdrückte oder nur als Heldin mißzuverstehen. Hollow Skai, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 9.11.1984 Ein pessimistisches, emanzipatorisches Planspiel mit rigoroser Moral, rigorosem Gefühl und einer rigorosen Ästhetik umgesetzt: gleichzeitig aber entschlossen persönlich, schwer zugänglich, versponnen und mit archaischem Pathos. Hubert Haslberger, Hellweger Anzeiger, 30. 07. 1984 Die Qualitäten von Ula Stöckls Film liegen im Sichtbarmachen sehr komplizierter Erfahrungen, obwohl dabei ein Problem aufs andere getürmt wird (...) ein radikaler, brisant aggressiver Film. Ponkie, Abendzeitung, 09. 07. 1984 Unzweifelhaft ist „Der Schlaf der Vernunft” ein veritables Kino-Stück, das sich tief auf die kontroversen Erfahrungen im bewußt gelebten Leben von Frauen einläßt. Wolfram Schütte, Frankfurter Rundschau, 24. 02. 1984 Dennoch ist „Der Schlaf der Vernunft” kein „Frauenfilm” im gebräuchlichen oder mißverstandenen Sinn, sondern nur insofern, als ihr die Gedanken- und Gefühlswelt der Frau, ihre spezielle Sensibilität, besonders am Herzen liegt. K.H., Berliner Morgenpost, 6. 04. 1984 Hier werden dem Zuschauer allerdings auch neue Sehweisen abverlangt, man überläßt ihn nicht einfach unauffälligen, verbrauchten Bildern, man fordert von ihm Reaktion, Aktion. Heiko R. Blum, Spectrum Spezial, März 1984 Ula Stöckl hat, wie 1968, aber doch anders, alles riskiert, auch das Mißlingen (...) sie gewinnt da, wo andere spätestens alles verloren hätten, in den Träumen und Visionen am Ende, wenn Medea ihre Töchter tötet. Wilhelm Roth, Film, Frankfurt, März 1984 Es ist wahr, das Unglück kommt nicht mehr in der gleichen ursprünglichen Wucht daher, wie in der griechischen Sage, aber die Schmerzen, die es verursacht, sind die gleichen geblieben in ihrer nach außen hin verleugneten Intensität. Peter Buchka, Süddeutsche Zeitung, 04. 06. 1984 Was sich da wie ein Stoff für ein waschechtes Melodrama ausnimmt, hat Ula Stöckl in eine kühle Studie darüber verwandelt, wie der Männerwelt zugeschriebene Denk- und daraus resultierende Verhaltensmuster in die gezeigten Frauenbeziehungen hineinreichen und -regieren. Harald Schuren, Aachener Nachrichten, 29. 10. 1984 Die Verhältnisse unter Frauen sind verwahrlost, solange im Leben aller irgendwo ein Mann regiert - die Töchter halten sich zu „Jedermann”, die Mutter an einen imaginären Mann, den jeweiligen Heiligen, zu dem sie betet, Dea selbst hat sich Reinhard als den „Einen, Einzigen”, den „Sinn ihres Lebens” aufgebaut und ist also gezwungen, gegen die andere Frau loszugehen: „ Was hat sie mir voraus?” „Gar nichts”, sagt er, denn er nimmt in Wirklichkeit nur eine andere Person ernst: Johannas Vater, seinen Chef, den „ehrenvollen Gegner”. Pieke Biermann, Tip Magazin, März 1984 Gäbe es da nicht eine ganz andere schöne Mörderin. Sie heißt Dea, ist Italienerin und lebt wie Medea in einem fremden Land, das wir das unsere nennen. Ihr Jason verläßt sie einer Johanna wegen, die von seinem Geblüt ist, und ihre Töchter, halbblütig wie Medeas Töchter, sind ihr entfremdet. Diese Frau (Ida di Benedetto) bringt sie alle um: Die Töchter, die Rivalin, die eigene Mutter, sich selbst. Und doch ist es nur ein Traum vom Traum der Mythe, deren Muster sich noch immer erfüllt, weil die Entflechtung nicht gelungen ist. Auch nicht durch den Feminismus, der nur das Problem schärfer benennt und unerträglicher gemacht hat. Dea träumt sich durch den Mord zu einem neuen Leben, das sich nicht erst in der Vernichtung und im Siegen gerechtfertigt findet. Peter W. Jansen, Die Zeit, 29. 03. 1984 Das Generationsproblem, das Aufeinandertreffen der Sprachen und Kulturen und das Versagen der „männlichen” Medizin vor den Bedürfnissen der Frauen: Themen, die Ula Stöckl zu der Liebesgeschichte in Beziehung setzt. Colosseum, Neue Presse, Hannover, 09. 11. 1984 |