Produktionsjahr
1970/71

Regie
Rainer Werner Fassbinder

Buch
Rainer Werner Fassbinder, nach dem Theaterstück von Marieluise Fleißer

Kamera
Dietrich Lohmann

Musik
Peer Raben

Schnitt
Thea Eymèsz

Ausstattung
Kurt Raab

Besetzung
Hanna Schygulla (Berta)
Harry Baer (Karl)
Irm Hermann (Alma)
Rudolf Waldemar Brem (Fabian)
Walter Sedlmayr (Fritz)
Klaus Löwitsch (Feldwebel)
Günther Kaufmann (Max)
Carla Aulaulu (Frieda)
Elga Sorbas (Marie)
Burghard Schlicht (Klaus)
Gunter Krää (Gottfried)

Produktion
Janus Film und Fernsehen / antiteater (im Auftrag des ZDF)

Format/Länge
35 mm, Farbe, 83 min.




Fassbinders Film nach dem Fleißer-Stück

(...) Es ist die Überzeugung von Rainer Werner Fassbinder, der die filmische Realisierung der Fleißerschen Pioniere unternornmen hat, dass die Grundbezüge und -Inhalte des Stücks nicht nur für die Entstehungszeit, die Weimarer Republik, gelten, sondern für jede Form kleinbürgerlicher Gesellschaft.
Fassbinder war übrigens der erste, der mit seinem antiteater-Ensemble 1968 erneut das Fleißersche Stück auf die Bühne brachte.
In Motiven, Stimmung und sozialem Milieu fühlt man sich an Fassbinders Film KATZELMACHER erinnert. Hier wie dort Kleinstadtmief – Ingolstadt ist nur ein Name –, die Langeweile einer kleinbürgerlichen Welt, die durch Sexspiele verdrängt werden soll. Sexualneid – hier bei den Mädchen – und schließlich eine unsentimentale Trauer über den Verlust der Liebe. Wieder bedient sich Fassbinder des stilisierten fränkischen Idioms, in dem die Sätze wie gestanzt sind. Karls wegwerfendes „Wenn Menschen auseinandergehn, dann sagen sie auf Wiedersehn“, nachdem sich Berta ihm hingegeben hat, kommt ebenso schleppend und langsam daher wie die einfachen Bekenntnisse des Herzens.
Großartig sind die Szenen im Wirtshaus, wo die Kleinstadtschönheiten – vor allem zu nennen Carla Aulaulu – zu altmodischer Klaviermusik tanzen, auf der Toilette Geheimnisse austauschen, sich streiten. Einprägsam das Frühstücksgespräch zwischen dem Metzgermeister und seinem Sohn, wo es der Kamera, die zwischen beiden, immer an der ölgemalten Alpenlandschaft vorbei, hin- und herhuscht, gelingt, ein Porträt des Missverständnisses und der Einsamkeit zu zeichnen (Kamera: Dietrich Lohmann). Der Film, schwarzweiß [sic!] und ohne jede Oberflächengelacktheit, spielt meistens in der Dunkelheit. Es ist ein Nachtfilm, traurig, zum Weinen und wahr.

Renate Schostack

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.5.1971

.