| Etwas wird sichtbar | ||
PRESSESTIMMEN | |||
"Es ist ein Lernprozeß. Er setzt ein am 30. April 1975: 'Ich habe von diesem Sieg des Vietkong nicht leben können', sagt Robert und er sagt es zu seiner Geliebten, denn um deren Beziehung geht es Farocki nun 'eigentlich'. Der Sieg war enttäuschend, der eigentliche Triumph über den Militärgiganten USA blieb aus, und der Robert von damals fühlte sich im Stich gelassen in seiner ideell-emphatischen Beziehung zu Vietnam. Was da sichtbar wurde, entsprach nicht der Bedeutung, die Vietnam gehabt hatte. Also zogen sich Robert und die anderen zurück, suchten neue, andere politische Beziehungen, die den sinnentleerten Raum auffüllen sollten. Mit abnehmender Begeisterung. Es geht um Bilder, die uns vorläufig nicht plausibel sind, die etwas Dahinterliegendes sichtbar werden lassen. 'Wie unerlaubt es aussieht, das Bild von uns beiden', sagen Anna und Robert vor ihrem zärtlichen Portrait im Spiegel - wegen der Fotografien vom Krieg, die drumherum an der Wand hängen. Und doch gilt es, in beidem das zu finden, was eine Verbundenheit macht, die sich zugleich dem konventionellen Verständnis von 'Beziehung' entzieht. Es sind immer wieder solche Fotografien von Vietnam, die Farocki in seinem Film wortwörtlich der Einsicht anvertraut. Er spricht über das, was er uns zeigt, als würde es erst dadurch real. Denn er glaubt nicht, daß es genügt, den Augen zu vertrauen, dem was man gesehen hat, wenn nicht klar ist, was man sehen will. Umgekehrt sind seine Inszenierungen ausnahmslos Bilder, die aus Reflexion entstehen, zeigen sich in einer Form der Verlebendigung, der man den Herstellungsprozeß ansehen soll. Das macht 'Etwas wird sichtbar' zu einem Film wider die allgemeine Kinoerwartung auf Unmittelbarkeit. Aufs Unmittelbar-Konkrete verzichtet Farocki ganz, denn gerade das war es, was seinerzeit den Irrtum über Vietnam entstehen ließ." Michael Kötz in: Frankfurter Rundschau, 22.5.1982 |