| Alle Juden raus! | ||
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"'Alle Juden raus!', ein deutscher Dokumentarfilm über die Judenverfolgung in einer deutschen Kleinstadt, will der nachgeborenen deutschen Jugend erzählen, was mit den jüdischen Nachbarn ihrer Großeltern und Eltern in der Zeit von 1933 bis 1945 geschah. Emanuel Runds Film provoziert, ohne zu beschuldigen. Seine Kameraführung ist zurückhaltend. Er lässt, was neu ist, verschiedene Personenkreise unterschiedlichen Alters zu Wort kommen: Einerseits lernen wir Inge Auerbacher kennen, die 1942 als Siebenjährige mit ihren Eltern ins KZ Theresienstadt deportiert wurde und dort drei Jahre ihrer Kindheit verbrachte, andererseits erleben wir Zeitzeugen der Täterseite. Gerade diese "Normalbürger", die arglos erzählen, verdeutlichen, wie Greueltaten -staatlicherseits legalisiert -ausgeführt werden können, wenn Menschen bereitwillig mitmachen, in wichtigen Momenten nachgeben, zugucken, wegschauen oder schweigen. Emanuel Rund verwendet zusätzlich historisches Filmmaterial der Dreißiger Jahre, das einerseits die umfangreich, gesetzlich angeordneten Verbote, die die jüdischen Bürger von ihren Nachbarn immermehr ausgrenzte, dokumentiert und andererseits das familiäre Alltagsleben deutsch- jüdischer Bürger zeigt. Den Nerv des Zuschauers trifft Emanuel Rund dadurch, dass es Nachgeborene der III. Generation der ehemaligen Täter, Mitläufer, Jubelnden, Schweiger oder Dulderseite sind, die die ehemals Verfolgten und die Mitläufer befragen. Es sind nicht Rebellierende, die Fragen stellen, sondern höflich, vorsichtige deutsche Schülerinnen und Schüler, Nicht-Juden. Gebannt schaut und lauscht der Zuschauer, wenn die Ehemaligen noch heute unreflektiert, in alter Kontinuität antworten, ohne zu spüren, was sie bei der Schülerseite und dem Zuschauerpublikum auslösen. Ich wollt' ich wär' ein kleiner Vogel, der singt und fliegt, wohin er will und niemand fragt,warum', wünschte sich Inge als Kind in Theresienstadt. Von fünfzehntausend Kindern, die zwischen 1941 und 1945 im KZ in Theresienstadt eingesperrt waren, haben etwa hundert überlebt. Dieser unbekannten Masse der ermordeten Kinder gibt Inge ein Gesicht, eine Stimme, die gegen das Schweigen, Verdrängen ankämpft. Sie ist bereit, zu erzählen, was geschah." SFB, Nea Weissberg-Bob, 18.2.1991 "Bewegende Dokumentation eines jüdischen Familienschicksals in Göppingen: Mutter und Tochter, Überlebende aus Theresienstadt, auf den Spuren ihres ganz normalen deutschen Bürgerlebens -ehe sie ausgegrenzt, enteignet und entrechtet wurden. Der Regisseur kommentiert nicht -er hört zu (auch den seltsamen Watteformulierungen eines alten Blockwarts). Familienfilme aus den 30er Jahren -verdrängte deutsche Stadtgeschichte". Abendzeitung, München 25.6.1990 "Über das Gestern deutscher Befindlichkeiten hat Emanuel Rund einen der bewegendsten und wichtigsten Filme über das Verbrechen an den Juden gestaltet: "Alle Juden raus!" zeichnet am Fall Göppingen deutsche Psychologie von einst und jetzt." Abendzeitung, München 27.6.1990 "Doch die Erlebnisse in Theresienstadt, die mit aktuellen Aufnahmen aus den Resten des Lagers illustriert und mit der Beschwörung von Enge, Trennung und Tod belebt werden, bilden nur den Schlußpunkt einer Spurensuche in der deutschen Provinz, wo die mißliebige Minderheit ohne jede Geheimhaltung eingekreist worden war, bevor sie unter Ausschluß der Öffentlichkeit ermordet wurde". Frankfurter Allgemeine Zeizung,18.3.1991 "Inge Auerbacher, die, 1934 in Kippenheim geboren, von 1938 bis zu ihrer Deportation 1942 ins Konzentrationslager Theresienstadt in Göppingen lebte, traf Emanuel Rund erstmals 1981 in New York, als er auf der Suche nach der Geschichte seiner eigenen Familie war, von deren Mitgliedern, aus dem ostfriesischen Leer vertrieben, wo Rund auch geboren wurde, nur wenige die Nazizeit überlebten. Die gebürtige Kippenheimerin ist für Rund eine der Betroffenen, "die mir von ihrem Leid erzählen konnte. "Für Rund ist das auch gut so, denn er weiß, daß an vielen Orten "die Spuren der Existenz von uns Juden vernichtet worden" sind. Wichtig für den Regisseur auch dies: "Hier in einer deutschen Kleinstadt (gemeint ist Göppingen),wurden unserem Volk alle Rechte geraubt und später auch unser Besitz", sagt Rund. "Der Beginn des Holocaust war hier, bei unseren Nachbarn, bei unseren deutschen Mitbürgern." Badische Zeitung, 29.6.1990 "Die spürbare Diskrepanz zwischen den Erlebnisberichten von Opfern und Zuschauern erzeugt endlich das nötige Gefühl des Grotesken. Unfaßbares statt der häufigen vertretenen beschämten Betroffenheit. Endlich mal wieder ein Film, der das Ausmaß an Leid von seinem abstrakten Charakter befreit." Allgemeine Jüdische Wochenzeitung, 28.2.1991 "Eine Schulklasse aus München hat seinen Film gesehen. Der Lehrer erzählte Rund, manche seiner Schüler hätten danach angefangen, selbst die Geschichte ihrer Familie im Dritten Reich zu recherchieren." Berliner Morgenpost,14.2.1991 "Als Historiker und Lehrer bin ich der Ansicht, dass nur Dokumentarfilme wie dieser der Jugend, den Nichtjuden und den Juden das Geschehen, das Entsetzliche des Holocaust nahebringen könne.Zahlen verschleiern das Schicksal der Juden,deshalb kann man sich nicht mit den Opfern identifizieren....Ich zweifle nicht,daß dieser Film eine wichtige Ergänzung zur Geschichte des Holocaust ist...und mehr Mitgefühl bei den erwachsenen Zuschauern hervorrufen wird." Prof. Josef Walk, Leo Baeck Institute, Jerusalem,11.4.1991 |