•  
  •  
  •  

  •  


  • Schwarzer Graf

    INHALT

    Charly Graf, geb. 1951 in Mannheim-Waldhof ist der Sohn eines farbigen US-Besatzungssoldaten,
    der in die Staaten zurückkommandiert wurde, als der Spross gerade laufen
    lernte. Seine Mutter arbeitete nach dem Krieg am Band in einer Schokoladenfabrik und ihr
    farbiger Sohn, auf sich allein gestellt, avancierte dank seiner Körperkräfte zum ,,Braunen
    Bomber" in den Straßen der Mannheimer Benz-Baracken. In Straßenschuhen Deutscher
    Jugendmeister bei den Gewichthebern und Boxern glaubte er an die Vorschusslorbeeren, die ihn
    zum,,Cassius vom Waldhof" hochjubelten. Er brach seine Lehre zum Spenglergesellen ab,
    wurde mit 17 und einer Sondergenehmigung Profiboxer und rutschte nach ersten Niederlagen
    ins ,,Milieu" und weiter ins Gefängnis ab.
    Von dort aus inszenierte er, zusammen mit einer Stuttgarter Unterweltgröße, ein einmaliges
    Spektakel. Sie mieteten die neu gebaute Schleyerhalle an und erreichten den Freigang füir eine
    Nacht. Der,,Knastboxer", schwarz und deutsch, beaufsichtigt von dem Gefängnispfarrer und 5
    Wärtern, wurde bei diesem historischen Ringausflug Deutscher Meister bei den Profiboxern.
    Nach einer von ihm angezettelten Gefängnisrevolte wurde Charly Graf von Ludwigsburg nach
    Stuttgart- Stammheim verlegt.
    Dort lernte er den RAF-Terroristen Peter Jürgen Boock kennen, der an der Entführung und
    Ermordung Hanns-Martin Schleyers beteiligt war.
    Als Gegenleistung für privates Boxtraining, führte der körperlich schwächliche Boock den
    Boxer in die Weltliteratur ein und empfahl ihm Autoren wie Rilke, Heine und Böll.
    Um dem ,,Milieu" zu entfliehen, setzte sich Charly nach insgesamt 10 Jahren Gefängnis nach
    Bayern in das Allgäu ab, wo er hauptsächlich als Lastkraftwagenfahrer sein Brot verdiente.
    Hier lernte er auch seine Frau Sandra kennen und erlebte mit ihr und den gemeinsamen beiden
    Kindern endlich das Gefühl, eine Familie zu haben.
    Für altbekannte Freunde von damals- Bordellbetreiber und Casinobesitzer- sorgte er in
    Kleinstädten wie Kempten und Wangern als ,,Türsteher" für Ordnung, wenn er mal wieder
    einen seiner Tagelöhnerjobs verloren hatte.
    Sein Leben verlagerte sich mehr und mehr wieder in die Nacht. Daran scheiterte schließlich
    seine Ehe und das trieb Charly Graf wieder zurück in die Mannheimer Benz-Baracken.
    Anfänglichen Verlockungen wieder ins ,,Milieu" einzusteigen, arbeitete er in einem Schuljob als
    Boxtrainer entgegen. In diesen Schulen trainierte er Kinder und Jugendliche, die z.T. wie er, aus
    schwierigen Verhältnissen kamen.
    Fairplay statt Straßenkampf, Charly weiß wovon er redet und ist als Trainer bei den Schülern
    hoch angesehen. Ihm kann keiner etwas vormachen und so will er die Schüler vor einer
    Karriere, wie der seinen, bewahren.
    Mittlerweile unterrichtet Charly Graf an verschiedenen Mannheimer Schulen sehr gern, auch
    wenn er davon nicht leben kann. Das gibt ihm aber den Sinn im Leben, nach dem er, neben
    seinem zeitweiligen Familienleben, so lange gesucht hat.
    Der Film dokumentiert die letzten Tage des Charly Graf im Allgäu, begleitet ihn zurück nach
    Waldhof-Mannheim und erinnert, beim Versuch auf dem schmalen Grat zwischen gestern und heute
    nicht abzustürzen, an die Geschichte des farbigen Besatzungskindes Charly Graf. Alte
    Originalaufnahmen aus den 50er-70er Jahren zeugen dabei von seiner extrem schwierigen Kindheit
    und Jugendzeit in den Benz-Baracken, in denen viele farbige Besatzungskinder lebten.