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  • Eggesin möglicherweise

    BRD, 2005, 35mm, Farbe, 84 Min.


    STAB

    Buch & Regie
    Kamera, Schnitt & Co-Regie
    O-Ton
    Tongestaltung
    Mischung
    Musikalische Beratung
    Digitale Nachbearbeitung
    Farbkorrektur
    Produzenten
    Olaf Winkler
    Dirk Heth
    Kristof Kannegießer
    Raimund von Scheibner
    Jörg Höhne
    Guido Altendorf
    Juliane Dummler
    Leon Younan
    Jens Körner
    Thomas Riedel
    Oliver Niemeier

    BIOGRAFIE

    Olaf Winkler, geboren 1963 bei Potsdam, erlebt als Student des Marxismus-Leninismus in Leipzig die Wende und arbeitet dann als Telegrammbote, Zeitungsausträger und ABM-Soziologe, bevor er sein Dramaturgiestudium an der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" aufnimmt. Seit 1997 wirkt Olaf Winkler als freiberuflicher Film- und Fernsehdramaturg.

    Dirk Heth, geboren 1966 in Leipzig, arbeitet zunächst als Bohrarbeiter, Zählerableser und Paketkurier, bevor er als Kameraassistent beim Fernsehen der DDR aktiv wird. Dem schließt sich ein Kamera-Studium an der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" an. Seit 1996 arbeitet Dirk Heth als freier Kameramann und ist seit 2002 Mitarbeiter im Studiengang Kamera an der HFF "Konrad Wolf."


    FILME

    1998/1999
    1998-2001


    gemeinsame Projekte:
    "Indien im Tagebuch" - 14 Beiträge, ORB-Kinderfernsehen
    7 Beiträge für den ORB und den MDR: "Der Bindi", "Der Mythos von Indien", "Der Turban", "Das Haar der Inderin", "Der Pastor von Bombay", "Der Sari", "Indian Fabrics"

    FESTIVALS / AUSZEICHNUNGEN

    2006
    2005
    59. Locarno International Film Festival - Semaine de la Critique 2006
    FBW Filmbewertungsstelle: Prädikat wertvoll

    INTERVIEW

    Interview mit Regisseur Olaf Winkler:

    Schrumpfende Städte und Landflucht: Was ist so exemplarisch an Eggesin in Vorpommern?

    Eggesin ist ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn einer Kleinstadt das wichtigste wirtschaftliche Standbein abgesäbelt wird. Das war die Bundeswehr. Zehn Jahre zuvor hatte man durch die Wiedervereinigung bereits zwei große Industriebetriebe verloren. Ein radikaler Rückgang von Erwerbsarbeitsplätzen fand statt. Die Leute ziehen der Erwerbsarbeit hinterher. Doch wie sieht eine Stadt aus, wenn dreißig bis vierzig Prozent der Einwohner wegfallen. Was da an sozialer, kultureller oder einfach auch nur an Infrastruktur kaputt geht. Und wie man sich fühlt, wenn jeden Tag ein Umzugswagen aus dem Ort raus rollt, wenn Schulen und Kindergärten dicht machen.

    Vom in Aussicht gestellten Umschwung haben die Bürger Eggesins wenig mitbekommen. Woran lag das?

    Weil man Aufschwung nur marktwirtschaftlich denkt. Und da kann in Eggesin, glaube ich, nachhaltig nichts passieren. Ernstzunehmende Investoren dort zu finden, ist ein Lottospiel mit neun Richtigen. Eggesin ist ein Phänomen, das eine grundsätzliche Frage aufwirft: Gibt es einen zweiten, realisierbaren Gestaltungsmaßstab, der neben dem Marktdenken gleichberechtigt koexistieren kann?

    Ist Eggesin ein Modell für künftige Formen von Bürgerarbeit?

    Genau das ist der zweite Gestaltungsmaßstab: Bürgerarbeit. Und zwar im großen Stil. Ergänzt mit einer Grundsicherung für jeden Bürger. Befreit von den wilden Auswüchsen, die nackte Existenz zu sichern. Eggesin wäre für dieses neuartige soziale Modell ein
    ideales Versuchsfeld.

    Haben Sie sich deshalb für ein Porträt von Eggesin entschieden?

    Uns hat die Trotzreaktion vieler Eggesiner angesteckt. Die wollten nicht wahrhaben, dass der Schrumpfungsprozess, der ja seit der Wende lief, sich nochmals beschleunigt. Und da sind wir dran geblieben. Die Leute haben bei einem Städtebau-Wettbewerb mitgemacht und in Arbeitsgruppen eigentlich nur um eines gerungen: um ihre gemeinschaftliche Würde. Vom Standpunkt der Marktwirtschaft war das alles sicher Don-Quichotterie. Und es gab da auch bittere Ernüchterung. Aber wir haben zugleich entdeckt, dass die Leute richtig viel zu tun haben. In ihren Vereinen, im Ehrenamt, in den Familien, in der Nachbarschaft, mit ihren Hobbies. Arbeit liegt da auf der Straße rum, aber eben nicht mehr bezahlbar. Die könnten sich ihr Glück selbst gestalten, wenn sie nicht wie Besessene irgendwelchen lumpigen Erwerbsarbeitsplätzen irgendwo außerhalb hinterher hecheln müssten.

    Die Montage des Films folgt weniger einer Chronologie der Ereignisse, als dass sie assoziativ funktioniert. Was ist der rote Faden?

    Der rote Faden folgt schon der Chronologie der Ereignisse: Schließung der Kasernen, Versuch der Bürgerschaft sich neu zu definieren, Ernüchterung und Irgendwie-Weitermachen. Der erzählerische Trick, den wir uns überlegt haben, besteht darin, diese Chronologie aus der Perspektive einer fiktiven Figur erleben zu lassen. Mit ihr erst konnten wir unseren eigenen Standpunkt finden und ausdrücken. Der rote Faden ist also die Verknüpfung von dokumentarischem Ereignis und dem subjektiven Erleben und Verarbeiten dessen.