•  
  •  
  •  

  •  


  • Sommeralbum, Das

    BRD 1992, 16 + 35 mm, Farbe, 92 Min.
    Prädikat: besonders wertvoll, FSK: ab 6 Jahre


    STAB

    Regie
    Buch
    Kamera
    Ton
    Musik
    Ausstattung
    Kostüme
    Schnitt


    Kai Wessel
    Beate Langmaack
    Achim Poulheim
    Sergej Dubkow
    Robert Schumann
    Beate Langmaack
    Daiwa Petrulité
    Sabine Jagiella












    INTERVIEW

    Aus einem Gespräch mit Kai Wessel

    Frage:
    Martha Jellneck war Dein erster Spielfilm, in dem Du Regie geführt hast: Ein sehr politischer Film über eine alte Dame, die einem Kriegsverbrecher auf die Spur kommt. Und nun ein ganz anderer Stoff: Ein zwangloser Sommerurlaub in Litauen, jenseits des politischen Alltags. Wie kamst Du auf dieses Filmthema?
    Kai Wessel:
    Zwischen “Martha Jellneck” und “Das Sommeralbum” lag noch ein Fernsehspiel für den SWF: “Geboren 1999”. Drehbuch ebenfalls Beate Langmaack. Bei diesem Stoff ging es um einen 16-jährigen Adoptivjungen, der im Jahre 2015 seine genetischen Eltern sucht. Seine Recherchen werden zu einem Aufriss der derzeitigen Gebärproblematiken und am Ende erfährt der Junge, daß er im Rahmen einer Versuchsreihe als erstes Kind in einem künstlichen Uterus geboren wurde. Tatsächlich, drei sehr unterschiedliche Stoffe - alle mit Beate Langmaack realisiert. Mich interessieren als Regisseur vor allem Geschichten. Alle drei Bücher beschreiben auf unterschiedliche Weise, genau und liebevoll, die Entwicklung der jeweiligen Protagonisten in einer, wie ich finde, spannenden und einfühlsamen Art.
    Frage:
    Die Geschichte hätte genausogut im Heute spielen können, warum hast Du sie in das Jahr 1905 gelegt?
    Kai Wessel:
    Der Anfang dieses Jahrhunderts ist eine Zeit des Aufbruchs. Der Traum vom Fliegenbekam Flügel und Erfindungen wie die Fotographie und das Automobil beeinflußten die Zeit. Die Verlegung der Geschichte in die vergangene Zeit des technischen Fortschritts bietet die Möglichkeit zur Konzentration auf kleine, aber wesentliche Veränderungen der einzelnen Menschen. Wollte man die Geschichte von Josefine und ihrer Familie heutzutage erzählen, käme man um soziale und gesellschaftspolitische Probleme nicht herum. Gerade die abgeschiedene Feriensituation dieser wohlhabenden Familie in vergangener Zeit macht es möglich, diese einfache Geschichte konzentriert auf grundsätzlich menschliche Probleme zu erzählen.
    Frage:
    In der paradiesischen Umgebung der litauischen Ostseeküste führst Du uns in Deinem Film neben der Geschichte um den Bau eines Flugobjekts auch die Geschichte der Emanzipation von Josefine vor. War diese Balance von Beginn an so gedacht oder ergaben sich diese Momente und Gewichtungen spontan während der Dreharbeiten in der Zusammenarbeit mit den jugendlichen Darstellern?
    Kai Wessel:
    Im Vordergrund der Geschichte stand immer Josefine und ihre persönliche Entwicklung. Da dieser Prozeß aber glücklicherweise nicht im luftleeren Raum stattfindet, war die Zeichnung der anderen Familienmitglieder genauso wichtig, denn eben diese grenzen Josefine aus verschiedenen Gründen aus. Die Mutter steht für die Erwachsenen als eine Art Konstante mit ihren eigenen Problemen, die Kinder in der Entwicklung stehen für Träume, Wünsche und ungebrochenen Tatendrang. Die Jungen träumen vom Fliegen und Josefine vom Festhalten des Erlebten und einer eigenen Aufgabe. So haben die Geschwister etwas gemeinsam, ohne es lange Zeit zu wissen.
    Frage:
    Was meinst Du, sind die Elemente, die den Film auch für Erwachsene sehenswert machen?
    Kai Wessel:
    Kinder und Erwachsene sehen den Film völlig verschieden und doch ist, glaube ich, für alle eines von höchstem Interesse: Josefine, ihre Einsamkeit und wie sie sich daraus befreit. Jeder Mensch kennt diese Gefühle und durch Hannas Wesen bekommt die Geschichte eine Spannung und Farbe, die den Zuschauer in den Film mit hineinzieht. “Das Sommeralbum” ist romantisch. Der Film lebt von den Menschen in Bildern, in Atmosphären, von den Träumen, den Problemen. Die Landschaft, die Motive, das Licht, Ausstattung und Kostüme spielen dabei eine große Rolle, denn sie vermitteln zusammen mit der Geschichte ein Urlaubsgefühl, eine Reise in eine vergangene Zeit, in eine andere Welt.
    November 1992