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  • Luce, Wanda, Jelena - Es war nicht ihr Krieg

    D 1994, 16 mm, Farbe, 100 Min


    STAB

    Ein Film von Renate Stegmüller und Raimund Koplin

    Buch/Regie

    Kamera
    Kamerassistenz
    Schnitt
    Ton
    Tonmischung
    Musik
    Redaktion


    Produktion


    Renate Stegmüller
    Raimund Koplin
    Thomas Plenert
    Florian Wimmer
    Regina Forstner
    Jan Betke
    Detlev Günther
    Pietro Valente
    Christel Hinrichsen
    Klaus Liebe
    Richard Schneider
    Renate Stegmüller
    Filmproduktion in Koproduktion mit dem WDR, dem BR und dem SFB
    Gefördert vom Hamburger Filmbüro
    Verleihförderung Kuratorium junger deutscher Film








    TEXTE ZUM FILM

    Deutschland, 50 Jahre danach
    von Luce d'Eramo

    Am dritten (Dreh)Tag fuhren wir mit den Regisseuren, dem Kameramann und dem Tontechniker nach Mainz. Von Alpha nach Omega, von Frankfurt zur 30 km entfernten Stadt, in der meine Odyssee nach einem riesigen Bogen ihr Ende gefunden hatte. Ich verspürte einen unüberwindlichen inneren Widerstand. Während ich im Mercedes die Straßen von Mainz entlangfuhr, beobachtete ich die Passanten: schlampig gekleidete, herumlungernde Deutsche. Wir stiegen am Bahnhofe aus, die Bürgersteige lagen voll Kippen und Altpapier, nicht anders als in Rom. Ich sagte es. Ja, erwiderte Raimund und sah mich unendlich erleichtert an, endlich sind nun auch wir Deutschen dreckig.
    Nun sollte ich von allein das Hotel wiederfinden, in dem ich, versehen mit einer falschen Identität, als Zimmermädchen angestellt worden war. Ich hatte es gleich wiedererkannt, es stand gegenüber dem Bahnhofe am Anfang der Straße. Der Kameramann filmte mich, als wir das Foyer betraten. Es kam mir enger vor, als ich es in Erinnerung hatte. Eine vierzigjährige magere Brünette schaute verblüfft auf uns. Ich musste ihr nun sagen, dass ich Januar/Februar 1945 hier gearbeitet hatte. Die Frau war sofort alarmiert, sagte mehrmals "Ich war nicht da", hängte sich an ein Haustelefon und sprach gedämpft in die Muschel. Dann wandte sie sich wieder mir zu. "Gleich kommt mein Vater runter", kündigte sie, sichtlich aufatmend, an. "Machen Sie es sich bequem." Sie zeigte auf eine Art Empfangsraum gegenüber dem Tresen. "Ich war damals noch nicht geboren."
    Auftrat ein dürrer, aufrecht gehender Alter, der an seinem Speichel zu schlucken schien, während seine Augen über mich in meinem Rollstuhl und den ganze Stab, der um mich herumstand, glitten. "Ich war an der Front", erklärte er sofort, "ich habe in Stalingrad gekämpft. Das war mein Vater, aber er ist tot." Die Regisseurin Renate erläuterte ihm, dass wir hier seien, um eine Filmsequenz zu drehen. Was für ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus! Er ließ uns von seiner Tochter Rheinwein in Kristallgläsern servieren. Ich wollte den kleinen Hof sehen, in den ich gegangen war, um Leute unter den Trümmern, unter denen sie begraben lagen, hervorzuziehen und wo stattdessen mein Körper zerschmettert wurde. Und mit einem Kloß im Hals fühlte ich mich um 49 Jahre zurückversetzt und erlebte die Augenblicke wieder, als ich dir Mauer auf mich herabstürzen sah und mich der Gedanke durchfuhr: "Was für ein dummes Ende!" Während ich das dem alten erzählte fragte ich mich "dumme oder dummes", feminin oder neutrum, nahm war, dass der Alte mir jetzt mit der Gelassenheit eines Mannes zuhörte, dem gerade ein Stein von der Seele gefallen war (denn offensichtlich war ich nicht gekommen, um irgendeine Entschädigung einzufordern), und ließ meine Augen über den kleinen Vorraum dieses drittklassigen Hotels mit dem Gefühl der Erniedrigung schweifen, als hätte das schreckliche Unglück, das mir zugestoßen war, ein anderes Szenarium verdient.
    (Auszüge aus einem Artikel in "L'Unità" vom 28. März 1994. Alle Rechte bei Luce d'Eramo)