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  • Diese Tage in Terezin

    Ein Dokumentarfilm von Sibylle Schönemann

    Drei Frauen begeben sich auf die Reise nach Terezin, auf die Suche nach den Spuren des Mannes, den man den "Chaplin von Theresienstadt" nannte: Karel Svenk, Dichter aus Prag. Er organisierte und leitete ein Kabarett im Vorzimmer zur Hölle. Lachen und Tanzen im KZ? Unvorstellbar? Seine Biografie wollen sie rekonstruieren, sein Gesicht wiederfinden, die Anonymität des millionenfachen Todes aufheben. Ein Foto haben sie, einige Texte, und sie finden die Erinnerungen derer, die das Grauen überlebt haben.



    Diese Tage in Terezin: Dieser Filmtitel könnte ganz leicht klingen, unbeschwert. Wie: Diese Tage am Meer, diese Tage in Rom, diese Tage mit W.
    Nur Terezin ist ein Ort, an dem an Leichtigkeit nicht zu denken ist. Terezin, Theresienstadt, tschechische Gemeinde in Böhmisch-Mähren. Von 1941-45 jüdisches Ghetto und KZ.
    Ein Film über den Holocaust also, über das Sterben, das Leid, die Schuld? Noch ein Film mehr, der uns mutlos zurücklässt? Wie soll man trauern um Millionen Opfer? Vielleicht, indem man um einen trauert.
    Drei Frauen machen sich auf die Reise nach Theresienstadt. Ihre Motive sind so unterschiedlich wie ihre Lebenswege.
    Viktoria, Sängerin aus Israel, will sich aus dem Korsett der staatlich verordneten Trauer befreien. Sie sucht den eigenen Weg zum Verständnis der Tragödie ihres Volkes. Lena, aus Rußland nach Israel emigrierte Jüdin, Schriftstellerin, leidet unter dem spurlosen Verschwinden von Millionen Menschen in diesem Jahrhundert. Aus der Anonymität will sie die Toten holen, wenigstens einem seine Biografie, das Gesicht wiedergeben, ihn so unsterblich machen. Sybille, die Filmemacherin, will an den Ort, den sie als Kind auf den Ferienfahrten von Prag nach Berlin durchfuhr, und in dem die Eltern nie Station machten. Die Spuren eines Mannes will sie mit Viktoria und Lena suchen, eines Mannes, den man den "Chaplin von Theresienstadt" nannte: Karel Svenk, Dichter und Kabarettist aus Prag. Einer, der im Wartesaal des Todes noch Lieder schrieb und Witze und den Marsch von Theresienstadt. Ein Foto gibt es von ihm und ein paar Texte und die Erinnerung derer, die überlebt haben.
    "Was erinnern Sie?" fragt Sybille, die Deutsche. Keiner kann ihn so recht beschreiben: Die Hoffnung war er, eine besondere Kraft, weil er das Lachen schenkte an einem Ort, der nicht zum Lachen war. Und da sie zuhören kann und wach ist, vorsichtig und neugierig, erzählen sie von sich. Von erfüllter und unerwiderter Liebe sprechen sie, von Angst und Hunger, von der Leidenschaft für's Theater und der Enttäuschung, wenn man nicht die Rolle bekam, nach der man sich sehnte. Vom Leben also erzählen sie, das immer bedroht war durch den angekündigten Tod. Und sie waren so jung damals, erst 20. Fünfzig Jahre später geben sie ein Fest zu Ehren ihres Freundes Svenk. Sie verkleiden sich noch einmal, singen und rezitieren die Texte von damals. Sie lachen. Ende einer Recherche?
    Da flackern für Sekunden Archivbilder. Eine Kabarettnummer. Ein Friseur bereitet die Rasur eines Kunden vor. Der Kunde, ein Mann in Uniform, die Stiefel blank gewichst. Der Friseur lächelt, er tänzelt, charmiert, er schlägt den Schaum, er hält das Messer...
    58 Sekunden ein verschmitztes, junges Gesicht, 58 Sekunden Chaplin in der Hölle, 58 Sekunden Karel Svenk...
    Diese Tage in Terezin, ein Film über die Kraft und Schönheit des Lebens.