Spielfilm von Hannu Salonen


Stab:
Buch und Regie Hannu Salonen
Kamera eska
Schnitt Julia Oehring
Musik 22 Pistepirkko

Besetzung:
Peggy Franka Potente
Artsi Teemu Aromaa
Hans Andreas Brucker
Doris Michaela Rosen
Sascha Sebastian Rudolph
Fabian Axel Werner

Produktion:

Luna-Film GmbH, Gudrun Ruzicková-Steiner in Koproduktion mit ZDF -
Das kleine Fernsehspiel und Talent House oy, Helsinki

Verleih gefördert durch
Filmboard Berlin-Brandenburg

Deutschland/Finnland 1999
96 Min., 35 mm, Farbe, Dolby SR

 

Kurzinhalt
Berlin: Eine Stadt der Gegensätze, des Umbruchs, des Aufbruchs. DOWNHILL CITY ist die Geschichte von sechs Menschen, die in diesem Berlin leben. Auch sie befinden sich im Umbruch und sind gerade dabei, ihr Leben radikal zu verändern: Der finnische Musiker Artsi verläßt seine Heimat, um in Berlin den Durchbruch zu schaffen. Peggy trennt sich von Hans, weil der nur an seine Karriere als Kickboxer denkt. Sascha, gerade aus dem Knast entlassen, weiß nicht einmal, wo er schlafen soll. Fabian, der eigentlich Schriftsteller ist, hält sich als Pizzafahrer über Wasser. Und schließlich Doris, die aus ihrem engen Dasein als Ehefrau ausbrechen will und ziellos durch die Stadt streift.
Ihre Wege kreuzen sich und verlieren sich wie zufällig. Alle versuchen sie, ihre unterschiedlichen Vorstellungen von Glück und Liebe zu leben. Das kann gelingen, muß aber nicht ...
Auszug aus einem Interview
mit Hannu Salonen
Wie sind die Figuren im Buch entstanden?
Ich habe versucht, einen Blick auf die Stadt Berlin auf Grund meiner Erfahrungen zu werfen. Die Figuren sind ein Sammelsurium. Das sind ganz normale Menschen und die haben eine kleine Geschichte, bzw. kleine Dramen. Und dann muß man dem Organismus dieser Figuren zuhören. Ursprünglich sind es zwar Ideen, aber irgendwann sind das Menschen und Charaktere, die sich entfalten sollen und deren Geschichte ich erzählen möchte. Ich muß sehen, wie dieser Mensch sein würde, wie er leben würde, was ihn ausmacht. Dann kommt die Begegnung mit den Schauspielern, die das auch ihrerseits prüfen. Der größte Spaß ist zu sehen, wie sich diese Figuren verändern, zu leben anfangen, sich von mir distanzieren. Ich hänge nicht an den Ideen, das sind doch so dünne Sachen, wie Papier.

Du bist ein klassischer Schauspieler-Regisseur?
Ja, es ist ein Film in dem die Schauspieler das wichtigste sind. Der Film besteht nicht aus cineastischen Konstruktionen, sondern aus Bildern von Menschen, wo ich selber das Gefühl habe, das geht mich an.
Ich löse mich auch gerne und schnell von Vorstellungen und bin offen für neue Sachen, wenn sie besser sind. Z. B. die Figur von Peggy, deren Geschichte im Buch anders endete. Dann haben wir das mit Franka Potente zusammen überlegt, und sie hat mich angespornt, das neu zu entwickeln.
Was war das Ausschlaggebende für
Deine Wahl der Darsteller?
Intuition. Und das Gefühl einer Durchlässigkeit. Wie bei Teemu Aromaa zum Beispiel: ich hatte schon 10 Leute gecastet und er kommt dann rein und ich wußte in dem Moment, das ist er. Ich habe ihm dann das Drehbuch in die Hand gedrückt und habe gesagt, lies das mal, Du kriegst die Rolle. Das war nur intuitiv und es hat sich herausgestellt, das war der Mann, den ich gesucht hatte.

In Downhill City geraten die Figuren in Strömungen und Strudel, alles fließt, aber sie entwickeln sich dabei auch weiter.
Das war sehr wichtig für mich, daß es eine Entwicklung gibt. Zum Beispiel bei der finnischen Hauptfigur wollte ich nicht behaupten, daß er am Ende ein ganz anderer Mensch ist, aber wenn man den Film sieht, stellt man fest, daß er gewachsen ist. Für mich haben die Figuren in "Downhill City" alle ein positives Ende, es sind alles kleine happy ends, in ihrem Rahmen und Kontext.

Der Film hat ein schnelles Tempo.
Das Tempo des Erzählens ist schon schnell, aber es kommt immer wieder zu Momenten, wo es ruhig ist - ich glaube, daß beides ziemlich gut balanciert ist. Mir war aber beim Schreiben schon wichtig, daß ich einen kurzen Ausschnitt nehme und in diesem etwas auf den Punkt bringe, sehr schnell mit einfachen Strichen. Nicht in epischer Breite erzählen, sondern - zack - ein kurzer Strich und damit muß man dann so etwas Latentes vom Leben zum Ausdruck bringen. Wenn ich das eines Tages hinbekomme: mit einem Strich, an der richtigen Stelle, zur richtigen Zeit, das könnte für mich so etwas wie Perfektion sein.

Das heißt, im Minimum das meist Mögliche zu erzählen. Warum hast Du ausschließlich mit der Handkamera gearbeitet?
Man ist gezwungen, bei den Figuren zu bleiben. Die Szenen sind ja auch so geschrieben, daß sie auf die Figuren hinauslaufen und nicht auf irgendwelche sonstigen Ereignisse oder Räume.

Ihr hattet doch auch ein Farbkonzept ?
Das hängt damit zusammen, daß wir nicht diese brillianten Bilder haben wollten. Wir wollten ein rauhes Bild. Mittlerweile sind alle Filmmaterialen so brilliant, daß es sehr schwer ist, etwas Rauhes oder Schmutziges hinzubekommen. Deshalb haben wir uns für Umkehrmaterial entschieden: Es gibt durch das Umkehrmaterial eine Farbverschiebung, die ich sehr mag.

Ein ganz wichtiger Punkt bei Deinem Film ist die Musik. Hast Du die Musik beim Schreiben schon mitgedacht ?
Ja, ich habe beim Schreiben schon an die Band ”22 Pistepirkko” gedacht. Ob die das mitmachen wollten oder nicht, wußte ich nicht. Aber von der Atmosphäre und dem Feeling her hat es gut gepaßt und sie haben sich erfreulicherweise auch bereit erklärt mitzumachen. Das wichtigste war, daß die Musik emotional und atmospärisch stimmig ist und mit dem übereinstimmte, was ich mit den Figuren vorhatte. Die Musik hat sehr sanfte Elemente aber auch sehr harte, sie ist populär, kann aber auch sehr atmosphärisch sein.
Das Gespräch führte Doris Berninger


Pressestimmen

?Den Himmel über Berlin gibt es in diesem Film nicht. Warum sollte die Kamera auch eine Perspektive einnehmen, die den Figuren längst abhanden gekommen ist - zwischen Schnellimbiss, runtergekommenen Wohnungen und düsteren U-Bahnhöfen. Wenn der Ausblick und damit auch der Überblick fehlt, dann hat die Totale in einem Berlin-Film nichts zu suchen. Hannu Salonens Helden hangeln sich von Tag zu Tag, der Regisseur heftet sich an ihre Fersen. Ihr Blick bestimmt auch den Blick seines Films. Und der reicht eben manchmal nur bis zur nächsten Straßenecke.(...)
Nach dem "Short Cuts"-Prinzip werden sich die Wege dieser und weitere aus der Bahn geworfener Gestalten kreuzen und wieder auseinander gehen. Zufällige Begegnungen von urbaner Flüchtigkeit, kleine Gesten des gegenseitigen Wahrnehmens, der Freundlichkeit, der minimalen Solidarität. Da wird das erschlichene Baguette prompt im nächtlichen Waschsalon mit dem kleinen Punk geteilt.
Dem trüben Licht in "Downhill City" zum Trotz nimmt jeder wieder die Suche auf, nach dem eigenen kleinen Hoffnungsschimmer am Horizont. Manchmal reicht auch ein Lächeln, wenn es so liebenswert, ehrlich und entwaffnend daherkommt wie Peggys (Franka Potente).“
Anke Lewecke in: tip 8/ 2000

?Es wird viel geträumt in diesem Film. Das ist Realsimus. Denn der Glaube, wir lebten in der Wirklichkeit, ist ein weitverbreitetes Missverständnis. Kein Mensch lebt in der Wirklichkeit. Wer sollte das auch aushalten? Jeder lebt in seinen Träumen. Hier, in dem Erstlingsfilm des jungen Finnen Hannu Salonen, wird der Traum allerdings Tat.
Es ist ein schöner, sensibler und kraftvoller Film über das Leben, das nicht lebt und dann plötzlich doch beginnt, ganz tief Atem zu holen.“
Kerstin Decker in: Tagesspiegel 13.4.2000

?Filme wie ‘Downhill City’ machen Lust auf mehr Realismus im jungen deutschen Kino... Und einen so knalligen Soundtrack wie den von der finnischen Indierockband Pistepirkko 22 muss auch erst mal einer hinlegen.“
Andreas Becker in: taz 14.4.2000

?Jeder sieht sie und auch wieder nicht: Gestalten, die vorbeihuschen beim Blick aus dem Busfenster, die nicht wahrgenommen werden im grellen Glanz der Großstadt. Hannu Salonen hat sich ihrer angenommen, hat kleine Biografien hinter unauffällige Gesichter projiziert. Sein Film "Downhill City" koloriert den alltäglichen Schrecken einer Großstadt vorzugsweise mit Namen Berlin. Es geht bergab, aber nicht ohne Humor.“ Berlin Live 13.4.2000

?‘Downhill City’ ist ein episodischer Reigen dunkler Citynächte. Frust trifft auf Freundlichkeit, Liebe auf Wut und Hilflosigkeit auf Kälte. Glück gibt es immer nur für Momente in diesen Tagen voll bleigrauer Tristesse und lakonischer Melancholie.
Regisseur Hannu Salonen skizziert in rauhen Stimmungsbildern Geschichten vom Spiel des Zufalls. Kleine Dramen von Desillusionierung und vergeblicher Suche nach Zweisamkeit, die länger als der nächste Tag hält. Beständig ist nur die Vergänglichkeit, das Karussell der Begegnungen dreht sich weiter und weiter. Rastlosigkeit als Lebensprinzip. Ratlosigkeit als Fluchtburg. Ein starkes Debüt.“
Leipziger Volkszeitung 19.6.2000
22 Pistepirkko

22 Pistepirkko sind die beiden Brüder PK und Asko Keränen sowie ihr Freund aus Kindertagen, Espe Haverinen. Ersten Geschmack am gemeinsamen Musizieren fanden sie im Punk der 70er Jahre. Sie waren in ihrer Heimatregion Oulujokilaakso, nahe des Polarkreises, zunächst als schnellste Punkrockband bekannt - und gewannen 1982 den Wettbewerb "Finnland's Band des Jahres" -, bis sie beschloßen, Musik auf ihre ganz eigene Art zu machen.

Clearspot, das Plattenlabel der Band, beschreibt ihre Musik so:
"Die Musik von 22 Pistepirkko kombiniert auf einzigartige, berührende Weise die Aura eines finnischen Kartoffelfeldes mit ihrer universelllen Adaption populärer Musik, von John Lee Hooker zu Buddy Holly, von Velvet Underground zu Prince und Beck."

Für die Filmmusik zu "Downhill City" ließen sich die Musiker von 22 Pistepirkko auch von der Großstadt Berlin inspirieren: Die schillernde Oberfläche, die Versprechungen und Enttäuschungen, die alle großen Städte bereithalten, wecken seit jeher die verschiedensten Sehnsüchte, die in ihrer Musik ihren Ausdruck finden sollen.





Hannu Salonen - Buch und Regie

Hannu Salonen wurde 1972 an der Westküste Finnlands geboren. Während seines Abiturs 1992 hat er zahlreiche Amateur-Kurzfilme, Dokumentarfilme sowie ein Musikvideoclip in seiner Heimat Helsinki realisiert, ehe er 1993 sein Regiestudium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin begann. Im Rahmen des Studiums hat er weitere Kurzfilme realisiert.
Im Jahre 1996 gewann er außerdem die Europa-Meisterschaft in den Südchinesischen Kampfkünsten.
‘Downhill City’ ist sein DFFB-Abschlussfilm, der im Jahre 2000 unter anderem auch in Frankreich, Spanien und Finnland in die Kinos kommen wird.