Regie
Kai Wessel
Buch Beate Langmaack
Kamera Achim Poulheim
Ton Sergej Dubkow
Musik Robert Schumann
Ausstattung Beate Langmaack
Kostüme Daiwa Petrulité
Schnitt Sabine Jagiella
Darsteller Eva Mattes, Hanna Mattes, Wanja Mues, Jan Hinrichsen, Micha Lampert, Gustav Peter Wöhler, Janna Arsenjewa, u.v.a.

Ottokar Runze Filmproduktion
Coproduktion mit DOM Film
Produktion Odessa und dem NDR
gefördert vom Vertriebskontor Hamburg

Kurzinhalt

Es ist Sommer im Jahre 1905. Die elf jährige Josefine Stern fährt mit ihrer Mutter und ihren beiden älteren Brüdern in das Sommerhaus nach Litauen ans Meer. Doch anders als in den früheren Ferien wollen die Brüder in diesem Jahr von ihrer kleinen Schwester nichts wissen; sie verschwinden in einer Scheune im Wald und bereiten ein geheimes Projekt vor. Josefine ist einsam und langweilt sich. Sie fährt mit dem Fahrrad heimlich ans Meer und sehnt ihren Vater herbei, der als Photograf durch die Welt reist. Und tatsächlich, der Vater kommt. Zum Erstaunen aller macht er seiner Tochter ein großes und ungewöhnliches Geschenk: Josefine bekommt seine alte Kamera. Mit Feuereifer lernt sie das nötige Handwerk und entdeckt die Welt der Photografie, die Welt ihrer eigenen Bilder. Bald reicht die nahe Umgebung des Hauses nicht mehr aus und sie unternimmt immer weitere Ausflüge mit Fahrrad und Kamera. Die Suche nach neuen Bildern bringt Josefine in unbekannte Gegenden und führt zu Begegnungen mit fremden Menschen und so entsteht zu jedem ihrer Photos eine eigene Geschichte. Josefines neue Kunst und Selbständigkeit erweckt bei ihren Brüdern Interesse. Sie benötigen jetzt ihre Hilfe. Josefine wird in das Geheimnis eingeweiht. "Das Sommeralbum" erzählt Geschichten von Selbstfindung, von Träumen und von der Vergänglichkeit der Zeit.

Aus einem Gespräch mit Kai Wessel

Frage:
Martha Jellneck war Dein erster Spielfilm, in dem Du Regie geführt hast: Ein sehr politischer Film über eine alte Dame, die einem Kriegsverbrecher auf die Spur kommt. Und nun ein ganz anderer Stoff: Ein zwangloser Sommerurlaub in Litauen, jenseits des politischen Alltags. Wie kamst Du auf dieses Filmthema?
Kai Wessel:
Zwischen “Martha Jellneck” und “Das Sommeralbum” lag noch ein Fernsehspiel für den SWF: “Geboren 1999”. Drehbuch ebenfalls Beate Langmaack. Bei diesem Stoff ging es um einen 16-jährigen Adoptivjungen, der im Jahre 2015 seine genetischen Eltern sucht. Seine Recherchen werden zu einem Aufriss der derzeitigen Gebärproblematiken und am Ende erfährt der Junge, daß er im Rahmen einer Versuchsreihe als erstes Kind in einem künstlichen Uterus geboren wurde. Tatsächlich, drei sehr unterschiedliche Stoffe - alle mit Beate Langmaack realisiert. Mich interessieren als Regisseur vor allem Geschichten. Alle drei Bücher beschreiben auf unterschiedliche Weise, genau und liebevoll, die Entwicklung der jeweiligen Protagonisten in einer, wie ich finde, spannenden und einfühlsamen Art.
Frage:
Die Geschichte hätte genausogut im Heute spielen können, warum hast Du sie in das Jahr 1905 gelegt?
Kai Wessel:
Der Anfang dieses Jahrhunderts ist eine Zeit des Aufbruchs. Der Traum vom Fliegenbekam Flügel und Erfindungen wie die Fotographie und das Automobil beeinflußten die Zeit. Die Verlegung der Geschichte in die vergangene Zeit des technischen Fortschritts bietet die Möglichkeit zur Konzentration auf kleine, aber wesentliche Veränderungen der einzelnen Menschen. Wollte man die Geschichte von Josefine und ihrer Familie heutzutage erzählen, käme man um soziale und gesellschaftspolitische Probleme nicht herum. Gerade die abgeschiedene Feriensituation dieser wohlhabenden Familie in vergangener Zeit macht es möglich, diese einfache Geschichte konzentriert auf grundsätzlich menschliche Probleme zu erzählen.
Frage:
In der paradiesischen Umgebung der litauischen Ostseeküste führst Du uns in Deinem Film neben der Geschichte um den Bau eines Flugobjekts auch die Geschichte der Emanzipation von Josefine vor. War diese Balance von Beginn an so gedacht oder ergaben sich diese Momente und Gewichtungen spontan während der Dreharbeiten in der Zusammenarbeit mit den jugendlichen Darstellern?
Kai Wessel:
Im Vordergrund der Geschichte stand immer Josefine und ihre persönliche Entwicklung. Da dieser Prozeß aber glücklicherweise nicht im luftleeren Raum stattfindet, war die Zeichnung der anderen Familienmitglieder genauso wichtig, denn eben diese grenzen Josefine aus verschiedenen Gründen aus. Die Mutter steht für die Erwachsenen als eine Art Konstante mit ihren eigenen Problemen, die Kinder in der Entwicklung stehen für Träume, Wünsche und ungebrochenen Tatendrang. Die Jungen träumen vom Fliegen und Josefine vom Festhalten des Erlebten und einer eigenen Aufgabe. So haben die Geschwister etwas gemeinsam, ohne es lange Zeit zu wissen.
Frage:
Was meinst Du, sind die Elemente, die den Film auch für Erwachsene sehenswert machen?
Kai Wessel:
Kinder und Erwachsene sehen den Film völlig verschieden und doch ist, glaube ich, für alle eines von höchstem Interesse: Josefine, ihre Einsamkeit und wie sie sich daraus befreit. Jeder Mensch kennt diese Gefühle und durch Hannas Wesen bekommt die Geschichte eine Spannung und Farbe, die den Zuschauer in den Film mit hineinzieht. “Das Sommeralbum” ist romantisch. Der Film lebt von den Menschen in Bildern, in Atmosphären, von den Träumen, den Problemen. Die Landschaft, die Motive, das Licht, Ausstattung und Kostüme spielen dabei eine große Rolle, denn sie vermitteln zusammen mit der Geschichte ein Urlaubsgefühl, eine Reise in eine vergangene Zeit, in eine andere Welt.
November 1992


Kai Wessel
Geboren am 19.9.1961 in Hamburg
1985 Produktion und Regie des Kurzspielfilms “Menschen betten Glück und Leid”
1988 Erste Spielfilmregie bei “Martha Jellneck” mit Heidemarie Hatheyer

1990/91 Fernsehspiel für den SWF “Geboren 1999” nach dem Roman von C. Kerner
1991 Spielfilm “Das Sommeralbum” mit Eva und Hanna Mattes
1992 Regie bei zwei Folgen der Serie “Peter Strohm” mit Klaus Löwitsch

Beate Langmaack
Geboren am 2.12.1957 in Hamburg
1987 Erstes Spielfilmdrehbuch: “Martha Jellneck” , Europäischer Drehbuchpreis

1988 Ausstattung des Spielfilms “Martha Jellneck” von K. Wessel, Ausstattung des Spielfilms “Vogel des falschen Paradies” von Tefvik Baser
1989 Ausstattung “Wenn eine Tote mit zwei Männern lebt” von Nina Grosse
1990 Drehbuch: “Geboren 1999” (Fernsehspiel)
1991 Buch und Ausstattung “Das Sommeralbum” , Regie: Kai Wessel
1991/92 Drehbücher (zusammen mit R. Berg) zu Fernsehspielen und Spielfilmen nach Romanen von Sjöwall/Wahlöö
Regie: Per Berglund, Hajo Gies u.a.